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Bonatz, Dominik / Martin, Lutz (Hg.): 100 Jahre archäologische Feldforschungen in Nordost-Syrien – eine Bilanz. Internationales Symposium des Instituts für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin und des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin vom 21. Juli bis 23. Juli 2011 im Pergamonmuseum. Wiesbaden: Harrassowitz 2013. XII, 311 S., 165 Abb., 12 Kart. 8° = Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung 18. Brosch. € 39,80. ISBN 978-3-447-10009-0

Blocher, Felix
In: Orientalistische Literaturzeitung, Jg. 113 (2018-11-01), Heft 4/5, S. 339-343
Online academicJournal

Bonatz, Dominik / Martin, Lutz (Hg.): 100 Jahre archäologische Feldforschungen in Nordost-Syrien – eine Bilanz. Internationales Symposium des Instituts für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin und des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin vom 21. Juli bis 23. Juli 2011 im Pergamonmuseum. Wiesbaden: Harrassowitz 2013. XII, 311 S., 165 Abb., 12 Kart. 8° = Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung 18. Brosch. € 39,80. ISBN 978-3-447-10009-0 

Bonatz, Dominik Martin, Lutz 100 Jahre archäologische Feldforschungen in Nordost-Syrien – eine Bilanz Internationales Symposium des Instituts für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin und des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin vom 21. Juli bis 23. Juli 2011 im Pergamonmuseum Wiesbaden Harrassowitz 2013 1 311 165 Abb., 12 Kart. 8° = Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung 18. Brosch € 39,80 978-3-447-10009-0

OLZ 113-4–5 (2018), Keilschriftforschung   339 Bonatz, Dominik / Martin, Lutz (Hg.): 100 Jahre archäologische Feldforschungen in Nordost-Syrien  – eine Bilanz. Internationales Symposium des Instituts für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin und des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin vom 21. Juli bis 23. Juli 2011 im Pergamonmuseum. Wiesbaden: Harrassowitz 2013. XII, 311 S., 165 Abb., 12 Kart. 8° = Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung 18. Brosch. € 39,80. ISBN 978-3-447-10009-0.   Besprochen von Felix Blocher: Halle/Saale / Deutschland, E-Mail: felix.blocher@orientarch.uni-halle.de https://doi.org/10.1515/olzg-2018-0111 Dieser Band ist das Ergebnis einer kleinen Tagung in Berlin, die aus Anlass der Tell-Halaf-Ausstellung 2011 („Die geretteten Götter aus dem Palast vom Tell Halaf") im Vorderasiatischen Museum stattfand. Der Band beginnt mit drei einführenden Artikeln. Der erste, von Joan Oates, bringt Einzelheiten der Forschung aus den „ersten hundert Jahren" (1850–1950), danach kommen viele eigene Beobachtungen aus ihren und ihres Mannes David Oates Forschungen von den 1950er Jahren an. Der Artikel berührt einen nicht zuletzt wegen der Tatsache, dass bereits zur Zeit der Abhaltung der Tagung (Juli 2011) die politischen Zustände in Syrien am Abgleiten waren. Der zweite Beitrag, von Abdel Masih Baghdo, stellt eine listenartige Zusammenstellung der archäologischen Aktivitäten in der Gegend um Hasseke dar. Bedauerlicherweise ist die chronologische Liste (S. 20) nicht mit den Fundortnummern auf der Karte korreliert. Der dritte einführende Beitrag, von Samer Abdel Ghafour, ist schließlich den Stücken aus Tell Halaf in Aleppo gewidmet, von denen das eine oder andere im Zuge der Restaurierungsarbeiten an den Berliner Stücken mit diesen in Verbindung gebracht werden konnte. Die Bildwerke aus Tell Halaf bildeten den Grundstock des archäologischen Museums von Aleppo. Die folgenden 14 Beiträge sind chronologisch angeordnet und geben einen sehr schönen aktuellen Überblick über die archäologischen Arbeiten in Nordostsyrien vom Neolithikum bis in die späthethitisch-aramäische Zeit. Einziger geographischer „Ausreißer" ist der Beitrag von Dietrich Sürenhagen über Habuba Kabira Süd am Euphrat, der als Ersatz für den ausgefallenen Vortrag von Eva Strommenger über Tall Bi'a/Tuttul stattfand. Peter M. M. G. Akkermans berichtet über die sensationellen Ergebnisse der langjährigen niederländischen Grabungen in der Ruinengruppe Tell Sabi Abyad im oberen Balikhtal, die die Fachwelt bereits seit den mittleren 1980er Jahren begeistern. Über drei „Unterhügel" (I–III, IV ist mit einem islamischen Friedhof belegt) hinweg kann 340   Keilschriftforschung, OLZ 113-4–5 (2018) eine Abfolge von ca. 1500 Jahren rekonstruiert werden, die noch im frühen (ausgehenden präkeramischen) Neolithikum (2. Hälfte 8. Jt.) beginnt und bis in die frühe Halafzeit geht. Der enorme Erkenntniszuwachs dieser Grabungen kommt nicht zuletzt aus den großen Flächen, die geöffnet wurden (wie der Autor auf der Tagung selbst sagte: „Large exposure is the aim"). Sehr instruktiv ist der Übersichtsplan, der die ursprünglich aus vier kleinen Kuppen zusammengewachsene Siedlung von Tell Sabi Abyad I zeigt (S. 31 fig. 2). Mit der Architektur aus dem frühen keramischen Neolithikum kommt eine typologische Verbindung zu den Bauten in Çayönü, Tell Buqras, Tell es-Sawwan und Choga Mami zustande. Die gleichermaßen sensationellen Ergebnisse aus der mittelassyrischen Periode auf Hügel I werden in diesem Band nicht gewürdigt (siehe aber den Plan S. 31 fig. 2). Es folgt Jörg Becker, der über die jüngsten Ergebnisse (von 2006 an) in den prähistorischen Schichten von Tell Halaf – namengebend für diese chalkolithische oder, wie man heute eher sagt, spätneolithische Kultur – berichtet. Die Arbeitsbedingungen waren und sind hier viel schwieriger als in dem eben genannten Tell Sabi Abyad. Die von Max von Oppenheim durchgeführten Ausgrabungen und von Hubert Schmidt publizierten Ergebnisse der vorgeschichtlichen Perioden im Tell Halaf können nun dank Beckers sorgfältigen Arbeiten auf eine solide Grundlage gestellt werden. Sie zeigen zugleich, dass die Abfolge in Tell Halaf viel länger ist als bisher vermutet, nämlich von Prä-Halaf bis ‚Late Chalcolithic' (S. 51 Abb.  2), also ca. 3000 Jahre! Es konnten nicht nur die Stratigraphie geklärt und vervollständigt, sondern auch Bauwerke in der typischen Tholos-Dromos-Form (auch „schlüssellochförmig" genannt) aufgedeckt werden. Als nächstes folgt Tell Brak, eine der größten Ruinen Nordostsyriens überhaupt, Auch hier herrschen wegen der zerklüfteten Mikrotopographie schwierige Arbeitsbedingungen. Augusta MacMahon berichtet über Untersuchungen, die nicht im Haupthügel (Areal TW), sondern vor allem in der nächsten Umgebung (Tell Majnuna und Hügel T 2) stattfanden (2006–2011). Sie vertritt die These, dass Müll und Schutt bewusst aus der Siedlung herausgetragen und im Umland abgelegt wurden. Auch haben sich „schmutzige Gewerbe" wie Färbereien und Gerbereien dort angesiedelt. Besonders interessant ist die Beobachtung, dass in solchen Bereichen auch bestattet wurde (in Einzel- und Massengräbern, es handelt sich aber nicht um Friedhöfe), was die Seltenheit von Bestattungen aus dem 5. und 4.  Jahrtausend erklären könnte, denn in solchen Plätzen wird kaum je ausgegraben. Gleichzeitig bilden diese „schmutzigen" Bereiche auch eine von außen und innen sichtbare Grenze der Stadtanlage. Im Bereich TW im Haupthügel lässt sich eventuell der Übergang von der häuslichen zur Werkstattproduktion beobachten. Mehr als 1000 Stempelsiegelabdrücke aus den spätchalkolithischen Schichten (LC 2–3), die von Behältersiegelungen stammen, zeigen fast keine Doppelungen. Abschließend vermutet die Autorin in den mehreren hundert Toten der Massengräber, welche zum großen Teil junge Männer waren, Feinde, aber nicht von einer äußeren Bedrohung, sondern als Folge interner Auseinandersetzungen, „a disenfranchised lower class" (S. 78). Wie dem auch immer sei, die städtische Entwicklung von Tell Brak im frühen 4. Jahrtausend v. Chr. ist beeindruckend und geht der von Uruk wohl voraus, ist auf jeden Fall früher als die ‚Uruk Expansion'. Das Chalkolithikum wird abgeschlossen durch den Beitrag von Dietrich Sürenhagen über die Hausinventare von Habuba Kabira Süd. Zunächst gibt der Autor einen schönen Überblick über die Befunde der Urukzeit am syrischen und türkischen Euphrat. Er vertritt dann die These, dass es sich in Habuba Kabira Süd nicht um klassische In-Situ-Hausinventare, wie sie nach einer Zerstörung von Gebäuden aufgefunden werden, handle, sondern um eine absichtliche Verfüllung der Bauten am Ende der Existenz der Stadt. Gründe für diese Annahme seien neben der heterogenen Zusammensetzung des Füllschutts u. a. Auffindungen von Bruchstücken ein und desselben Gegenstandes an unterschiedlichen Stellen und gesiegelte Tonplomben im Fundgut, welche wohl mit Siegeln in Tell Qannas, der damaligen ‚Akropolis' und Verwaltungszentrale der Siedlung, gesiegelt wurden. Anschließend folgt ein Beitrag von Harvey Weiss über die langjährigen Arbeiten in Tell Leilan mit einem komprimierten Überblick über die Siedlungsgeschichte des Hügels und seines Umlandes von der späten NordobedZeit bis in das 20.  Jahrhundert n. Chr. hinein. Wie man es vom Autor gewohnt ist, werden die Befunde in große Interpretationszusammenhänge gestellt, in denen klimatische Ereignisse eine wichtige Rolle spielen. Nach einem ersten Kollaps um 3200 v. Chr. kommt der Hügel unter den Einfluss der Ninive 5-Kultur. Um 2600 setzt ein starker Wandel ein, der Ort erhält eine Stadtmauer. Problematisch sind die C14-Daten aus der Akkadzeit, die teilweise recht früh liegen, so im Fall des spätakkadzeitlichen ‚Scribal Room' auf der Akropolis (Phase IIb3), der durch Getreidekörner vom Fußboden auf 2433–2315 v. Chr. datiert. Die letzten akkadzeitlichen Schichten sollen auf 2254–2220 datieren. Nach einer kurzen postakkadzeitlichen Belegung folgt der bekannte, klimatisch begründete Hiatus von ca. 300  Jahren. Die riesige altbabylonische Tempelanlage mit dem berühmten Fassadendekor und der Palast ‚Lower Town East' legen Zeugnis vom letzten Aufblühen OLZ 113-4–5 (2018), Keilschriftforschung  der Siedlung in der Zeit Šamši-Adads I. ab; Tontafeln und Abrollungen von beschrifteten Siegeln lassen detaillierte Erkenntnisse zur historischen Abfolge der Herrscher in Relation zu den beobachteten Baubefunden zu. Als zweite der großen frühbronzezeitlichen Ruinen wird von Jan-Waalke Meyer der Tell Chuera vorgestellt, dessen Stadtgestalt durch einzelne Grabungsstellen und moderne Prospektionsmethoden gut bekannt geworden ist. Ein aus konzentrischen Ringen und radialen Straßen aufgebautes Kommunikationsnetz legt sich über eine einzelne von Westnordwest nach Ostsüdost ziehende Achse, die den Palast F mit dem Stadtzentrum und dem großen Kultzentrum um Steinbau 1 verbindet und wohl die älteste Straße des Ortes darstellt. Die stratigraphisch-chronologische Datierung wird durch Ruinen im Umland wie Kharab Sayyar und Tell Tawila unterstützt. Beginn der Phase Tell Chuera IA ist um 3100 v. Chr.; ältere, chalkolithische Keramik ist am Ort vorhanden. Ein „Müllproblem" gibt es ähnlich wie in Tell Brak auch hier, es wird aber anders gelöst: Der Müll scheint mitten in der Siedlung auf dem zentralen Platz abgelagert worden zu sein. Eine große Krise erfasst die Stadt am Ende der Frühbronzezeit, die wohl in den oben unter Tell Leilan angesprochenen klimatischen Zusammenhang gehört. Alexander Pruß stellt Tell Beydar vor, welches über ein großflächig bekanntes Stadtbild aus dem 3.  Jahrtausend verfügt; besprochen wird die Siedlung der Zeit ‚Early Jezirah' 3b. Grabungsmannschaften aus mehreren Nationen haben hier seit 1992/1994 zusammen mit dem syrischen Antikendienst eine beeindruckende Leistung vollbracht. Neue Grundrisstypen sind hier sehr interessant, die vor allem die Sakralarchitektur betreffen: große mittlere Räume (oder Höfe?), an deren Seiten schmale herdhausartige Einzelheiligtümer liegen (die Grundrisse aus Tell Brak in FS und SS gehören in diesen typologischen Zusammenhang). Uneindeutig wirkt dagegen der Palastbau in der Mitte des Stadtareals, für den lange Fluchten von Räumen in wohl sekundären Anbauten typisch sind. Hinzu kommt der ‚Eastern Palace' in Areal P, der sukzessive in einen Werkstattbereich für Metallhandwerk umgewidmet wurde. Generell ist die Rundstruktur der Siedlung ähnlich wie in Tell Chuera gut zu erkennen (S. 138 fig. 3), hier sind allerdings größere zusammenhängende Flächen freigelegt. Wichtig sind die frühdynastischen Tontafeln, welche ein unerwartetes Licht auf den Ort namens Nabada werfen: So stand er offensichtlich trotz seiner Größe und beeindruckenden baulichen Ausgestaltung in Abhängigkeit von Tell Brak (Nagar), wo der EN saß. Als nächstes ist Tell Mozan, das alte Urkeš, zu besprechen, eine Ruine, die damals von Max Mallowan aus seiner Betrachtung möglicher Grabungsplätze herausgenommen  341 wurde, weil er die „Metallische Ware" mit römischen Produktionen verwechselte. Zwei Mannschaften haben in Tell Mozan gearbeitet, die eine unter Giorgio Buccellati und Marilyn Kelly-Buccellati (Autorin des vorliegenden Beitrages), die andere unter Peter Pfälzner. In diesem Beitrag (‚Essay') wird nur ein Hinweis auf die jüngeren Arbeiten der amerikanischen Mannschaft gegeben; der bekannte, am Hügelfuß liegende Palast AK mit seinen Siegelabrollungen der hurritischen Königsfamilie fehlt (vgl. aber S. 161 fig. 8 für ein schönes akkadzeitliches Siegel mit einer Schlachteszene aus dem Palast AP). Die Autorin versucht, die bisherigen ausschnitthaften Ergebnisse aus der Zeit des späteren Chalkolithikums und der Frühen Bronzezeit in einen größeren Zusammenhang unter dem Aspekt des Kultortes von Kumarbi zu bringen, oft spekulativ und teilweise wenig überzeugend. So wird angenommen, dass die Ortsgestaltung bewusst als Landmarke für Reisende und sogar als künstlicher „ritueller" Berg vor der Folie des dahinterliegenden Tur Abdin vorgenommen worden sei. Der rituelle Kern der Siedlung bestehe aus einer Hochterrasse; ist die Ecke eines spätchalkolithischen Gebäudes (LC 3, S. 154 fig. 3) am Hügelfuß der Tieftempel dazu? Die Stadtmauer soll in ED II oder III datieren, der Boom der Siedlung in ED III. Beeindruckend sind in jedem Fall die gut erhaltenen monumentalen Treppenanlagen, die etwa in Tell Chuera bescheidenere Pendants haben. Das Fehlen von Übersichtsplänen kann durch die beschrifteten Luftbilder nicht kompensiert werden. Die C14-Daten aus LC 3 passen gut, sie liegen alle im 37. und 36. Jh. v. Chr. Das Bild des frühbronzezeitlichen Tell Mozan ist noch deutlich weniger klar als das etwa von Tell Chuera oder Tell Beydar. Mit dem nächsten Fundplatz sind wir nun zum ersten Mal am Haburlauf südlich von Hasseke, in Tell Taban// Tabatum/Tabetum (Hirotoshi Numoto et al.). Dort haben die japanischen Ausgräber trotz schwieriger äußerer Umstände in wenigen Kampagnen beachtliche Ergebnisse, nicht zuletzt in historischer Hinsicht, erzielt und auch kontinuierlich publiziert. Die Stratigraphie geht von der mittleren Uruk- bis in die hellenistische Zeit. Archivfunde aus altbabylonischer Zeit haben einen Zusammenhang mit Terqa, unter dessen Oberhoheit die Stadt gestanden haben dürfte, erbracht; der Ortsname lautete damals Tabatum. Noch bedeutender sind aber die Textfunde aus der mittelassyrischen Zeit, die eine Abfolge von lokalen Herrschern von Tabetum (‚Könige des Landes Mari') vom 14.–11. Jahrhundert rekonstruieren lassen (auch Tell Bderi gehört dazu). Eine königliche Gruft aus dem 12. Jahrhundert, identifiziert durch eine Inschrift, wurde gefunden. In diesem Beitrag liegt der Akzent auf der Betrachtung der Keramik im Zusammenhang mit den historisch gut datier- 342   Keilschriftforschung, OLZ 113-4–5 (2018) baren Schichten (S. 173–175 figs. 2–4), die das 18.–11. Jahrhundert betreffen. Mit Tell al-Hamidiyah folgt eine Ruine, die wieder im Haburdreieck liegt und vom Ausgräber Markus Wäfler mit einer der großen Städte des Mittanireiches, Ta'idu, geglichen wird. Die Ausgrabungen haben 1984 begonnen und waren vor allem dem Zentralhügel des Stadtgebietes gewidmet. 2010 begann eine neue Phase der Grabungen. Vom Autor und Co-Direktor Oskar Kaelin wird erneut breit die Argumentation für die Identifizierung mit Ta'idu wiederholt, zum anderen wird auf die Rolle Ta'idus in der Mittani- und mittelassyrischen Zeit eingegangen. Von den Ausgrabungen im Zentral-Palast wird ein Grundriss des jüngsten Standes im Frühjahr 2011 gegeben. Das Areal hat in den 1990er Jahren massiv unter dem Versuch der syrischen Armee, dort Raketenstellungen zu errichten, gelitten. Außerdem blockiert ein moderner Friedhof eine größere Fläche des Palastes. Etwas günstiger ist die Situation beim Südwest-Palast, dessen Plan vorgelegt wird. Er erbrachte einige ‚hurro-akkadische' Wirtschaftsurkunden und gesiegelte ‚dockets' der Mittani-Zeit, die das Potential des Ortes verdeutlichen. Vieles in Tell al-Hamidiyah wirkt noch schwer verständlich, so etwa der Terrassenaufbau des Zentralpalastes. Der steil ansteigende kompakte Tell Barri, über den Raffaella Pierobon Benoit berichtet, steht – mehr noch als dies in Tell Brak der Fall ist – einer großflächigen Erforschung entgegen. Der Hügel wird schon seit 1980 ausgegraben, nachdem dort 1960 zufällig eine mittelassyrische Königsinschrift gefunden wurde. Hier wird ein Überblick über die letzten fünf Jahre gegeben. Die Stratigraphie geht von der Halafzeit bis in das islamische Mittelalter. Das Chalkolithikum und die Frühbronzezeit konnten in den Arealen B und G, die Mittelbronzezeit in den Arealen Q und P mit jeweils guten Hausgrundrissen erfasst werden. Die neuassyrische Zeit ist eine des Umbruchs und großer Neubauprojekte. Die Unterstadt im Süden und Osten des Tells dürfte erst um die Zeitenwende besiedelt worden sein. Dominik Bonatz berichtet ausführlich über die seit 2005 unter seiner Leitung stattfindenden Ausgrabungen in Tell Fekheriye, einer Ruine mit einer bereits langen und bewegten Forschungsgeschichte. Der Fokus liegt natürlich auf der zweiten Hälfte des 2.  Jahrtausends. Aus der Mittani-Zeit ist ein massives Gebäude mit einer älteren, etwas anders ausgerichteten Phase bekannt geworden. Viele gesiegelte Gefäß- und Pflockverschlüsse erweitern die Kenntnis der Mittani-Glyptik. Wenn auch der letzte Beweis für eine Identifizierung mit Waššukanni noch fehlt, so sind die Siegelabrollungen hoher mittelassyrischer Funktionäre wie Aššur-iddin und Sîn-mudammeq sowie der Abgleich mit Tell Schech Hamad und Tell Chuera doch ein weiterer wichtiger Mosaikstein in der Argumentation. Für Funktionäre scheint es eine Art Dienstgebäude gegeben zu haben, zumindest wurden mit den Häusern 1 und 2 (S. 226 f. fig. 9–10) zwei sehr ähnlich gestaltete Bauten entdeckt, die die Baugeschichte bereichern. Dieses Areal wird nach seiner Auflassung noch in mittelassyrischer Zeit als Begräbnisstätte genutzt. Eine kleine Sensation ist die schon lange vermutete Präsenz des präkeramischen Neolithikums in Form eines qualitätvollen Rechteckbaus am Nordrand des Tells. Interessant sind auch Bonatz' Bemerkungen zu den wechselseitigen Beziehungen zu Tell Halaf, die sich in einer alternierenden Periodenbelegung äußern. Der Beitrag von Hartmut Kühne bietet eine kurzgefasste und durch die vielen bereits erfolgten Publikationen gut bekannte Übersicht über die seit 1978 andauernden Aktivitäten in Tell Schech Hamad/Dur Katlimmu und Umgebung, ergänzt durch eine detaillierte Tabelle der Phasen in allen Grabungsarealen; ein bedeutendes Projekt, das unsere Sicht auf die Spätbronzezeit und die Eisenzeit sowie auf das Verhältnis zwischen ‚Assyria proper' und den westlichen Gebieten grundlegend geändert hat. Als letztes kommt dann noch einmal der Tell Halaf zu Wort in einem Beitrag von Mirko Novák, der auf die verschiedenen Völkerschaften von Aramäern, Assyrern, aber auch Anatoliern Bezug nimmt und die Entwicklung von Tell Halaf im 1.  Jahrtausend v. Chr. zusammenfasst, jeweils unterteilt in historische Betrachtung und archäologische Evidenz. Es wird vermutet, dass sich der Neubeginn nach dem Ende der prähistorischen Siedlung (warum wird der Hiatus S. 264 mit „almost 1000 years" beziffert? Es sind doch wohl 2500 oder mehr!) in Form eines Dorfes im Schatten des Zentrums Waššukanni abspielte. Dieses soll von im Gefolge der spätmittelassyrischen Feldzüge dort angesiedelten Anatoliern bewohnt gewesen sein, was Novák auf Grund der Keramik so sehen möchte. Grabbefunde lassen sich mit Tell Fekheriye vergleichen und legen eventuell Zeugnis vom steigenden Wohlstand und von der Anpassung an die spätmittelassyrische Kultur ab. Mit dem 10. Jahrhundert treten die Aramäer auf den Plan. Ihnen ist das durch Max von Oppenheim ausgegrabene massive Baugeschehen auf der Akropolis, den ehemaligen prähistorischen Hügeln, zuzuordnen. Es folgt dann die assyrische Phase, die durch große Terrassierungen charakterisiert ist. Neu und plausibel ist die Erkenntnis, dass der NordostPalast und die südlich von ihm liegenden Grundrisse (das ‚assyrische Haus') zusammengehören. Am Stadttempel im Westen der Ruine konnte eine ältere Phase, die aber auch assyrisch sein dürfte, festgestellt werden. Aramäische ‚dockets' und die schon vor Grabungsbeginn zufällig OLZ 113-4–5 (2018), Keilschriftforschung  gefundene Statuette eines Kammaki runden das Bild von dieser reichen Siedlung ab. Im Anhang finden sich detaillierte Tabellen zur Stratigraphie und historischen Abfolge in Tell Halaf/Guzana. Den Abschluss des Bandes bilden die Bibliographie, das Autorenadressverzeichnis und eine schematische Karte. Aus Platz- und Wiederholungsgründen zwar verständlich, aber dennoch bedauerlich ist die Entscheidung für eine Gesamtbibliographie. Sie macht den raschen Literaturüberblick zu einem einzelnen Fundort unmöglich. Das Teilnehmerfoto auf S. VIII wird leider nicht aufgeschlüsselt. Nicht immer wird der kleine Satzspiegel (13 × 18,4 cm) für die Wiedergabe der Abbildungen optimal ausgenutzt. Wissenschaftsgeschichtlich interessant ist die Beobachtung, dass sich die ‚Early Jezirah'-Chronologie und -Terminologie noch nicht durchgesetzt hat. Der Band bietet einen sehr schönen aktuellen Überblick über eine der reichhaltigsten Fundregionen Syriens. Er legt Zeugnis ab von einer beeindruckenden internationalen Verflechtung der Forschung in Syrien, dessen Antikendienst alle diese Arbeiten koordinierte und in meist großzügiger sowie unbürokratischer Weise förderte. Viele von uns werden sich dankbar an die guten Möglichkeiten der Forschung und des Austauschs erinnern. Die einzelnen Artikel zeigen auch die individuelle Art des Herangehens an die Ruinen durch die unterschiedlichen Teams, eine Vielfalt, die letztlich das Bild bereichert, auch wenn sie im einen oder anderen Fall noch nicht die erhofften Ergebnisse erbracht hat. Den Herausgebern Dominik Bonatz und Lutz Martin sei für den schönen Band gedankt.  343

By Felix Blocher

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Bonatz, Dominik / Martin, Lutz (Hg.): 100 Jahre archäologische Feldforschungen in Nordost-Syrien – eine Bilanz. Internationales Symposium des Instituts für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin und des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin vom 21. Juli bis 23. Juli 2011 im Pergamonmuseum. Wiesbaden: Harrassowitz 2013. XII, 311 S., 165 Abb., 12 Kart. 8° = Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung 18. Brosch. € 39,80. ISBN 978-3-447-10009-0
Autor/in / Beteiligte Person: Blocher, Felix
Link:
Zeitschrift: Orientalistische Literaturzeitung, Jg. 113 (2018-11-01), Heft 4/5, S. 339-343
Veröffentlichung: 2018
Medientyp: academicJournal
ISSN: 0030-5383 (print)
DOI: 10.1515/olzg-2018-0111
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Author Affiliations: 1 = Halle/Saale Deutschland
  • Full Text Word Count: 3028

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