Im Angesicht des Schreckens bleibt nur grimmiger Humor: Nachdem wir mit Galyna A. Ushakova – einer ukrainischen Chemikerin aus Dnipro – ein Interview geführt hatten [diese Nachrichten, S. 9], fragten wir nach russischen Luftangriffen auf die Stadt besorgt nach, ob es ihr gut gehe. Naja, mailte sie, wenn man so sehe, was die Bomben und Raketen anrichten, müsse man sich eingestehen, dass Versuche, die Labore vor dem Schlimmsten abzusichern, nur Anti‐Stress‐Maßnahmen für einen selbst seien.
Nein, es ist nicht lustig zurzeit. Und auch auf dieses Aprilheft – traditionell das Nachrichten‐Heft zum Schmunzeln und Lachen – legt sich Bedrückung. Wir haben es trotzdem versucht mit dem Humor. Anti‐Stress‐Maßnahmen halt.
Denn auch wir werden einen Preis zahlen müssen (schon mal gegoogelt, welche Branche mit am stärksten auf Erdgas angewiesen ist?). Doch Selbstmitleid ist unangemessen im Angesicht derer, die um ihre Existenz und ihr Leben bangen. Wird die Solidarität mit den Millionen halten, die nur mit einem Koffer und dem, was sie am Leib trugen, ihre Heimat verlassen mussten? Oder werden bald wieder die 2015‐darf‐sich‐nicht‐wiederholen‐Rufer zu hören sein?
Nach dem Wissenschaftsforum Chemie 2017 in Berlin kam ich im Pergamonmuseum mit einem jungen Mann ins Gespräch, der aus dem Irak vor dem IS (den er nur verächtlich als Daesh bezeichnete) geflohen war. Der Mann arbeitete im Museum, machte Führungen auf Arabisch, und bei meinem Besuch passte er auf, dass wir Touristen nicht die frisch restaurierte Glasur des Ischtar‐Tors betatschten. Wir diskutierten über die Frage, ob es richtig war, das babylonische Kunstwerk einfach Tausende Kilometer weg zu verfrachten. Provenienzforschung sei wichtig und die koloniale Attitüde der Archäologen des 19. Jahrhunderts überholt, meinte er, aber: „Do you think all this would still exist if Daesh could bomb it?" Für ihn war Berlin ein Ort der Sicherheit, und es schien ihm völlig klar, dass das in Frieden lebende Deutschland nun die Verpflichtung hatte, diesen Kulturschatz der Menschheit zu bewahren.
Während ich dies schreibe, kommen wieder täglich Tausende Menschen in Berlin an, um sich in Sicherheit zu bringen vor Krieg, Zerstörung und dem Raub ihrer Zukunft. Helfen wir ihnen, es gibt jede Menge guter Initiativen, viele davon sind gelistet unter:
Nein, heute gab es nichts zum Lachen im Interskriptum, tut mir leid. Vielleicht beim nächsten Mal wieder.
Im Interskriptum schreibt Nachrichten‐Chefredakte ur Christian Remenyi ü ber Chemisches und Komisches – und was sich sonst noch so im Zettelkasten der Redaktion findet. nachrichten@gdch.de