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„Gestörte Lieferketten sind die größte Herausforderung": IFFA-Beiratsvorsitzender Klaus Schröter zur Marktposition der Hersteller von Fleischverarbeitungsmaschinen.

Kühlcke, Renate
In: Fleischwirtschaft, 2022-04-25, Heft 4, S. 8-10
Online serialPeriodical

„Gestörte Lieferketten sind die größte Herausforderung": IFFA-Beiratsvorsitzender Klaus Schröter zur Marktposition der Hersteller von Fleischverarbeitungsmaschinen 

Für das Geschäftsjahr 2022 und darüber hinaus erwarten die Maschinenbauer, und hier im Speziellen die Hersteller von Fleischverarbeitungsmaschinen, positive Impulse von der bevorstehenden IFFA. Die Branche hat die Pandemie gut gemeistert, aber gestörte Lieferketten bremsen die Produktion, und sie erlebt die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs hautnah. Wie diesen Herausforderungen begegnet wird, erörtert IFFA-Beiratsvorstzender Klaus Schröter im Gespräch mit der FLEISCHWIRTSCHAFT.

FLEISCHWIRTSCHAFT: Die globale Fleisch- und Proteinwirtschaft trifft sich in Kürze in Frankfurt am Main. Worauf freuen sich die Hersteller von Fleischverarbeitungsmaschinen besonders?

Klaus Schröter: Die IFFA als Welt-Leitmesse der Fleisch- und Proteinwirtschaft findet im turnusmäßigen dreijährigen Rhythmus im Mai in Frankfurt statt. Damit ist die IFFA eine der wenigen Messen, die nicht durch coronabedingte Verschiebung und Stornierung beeinträchtigt war. Alle namhaften Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen stellen in Frankfurt mit großen Messeständen aus. Am meisten freue ich mich auf die persönlichen Gespräche mit Kunden, Interessenten und Vertretungen, die in den letzten Monaten überwiegend online geführt wurden.

FW: Deutschland ist weltweit führender Hersteller und größter Exporteur von Fleischverarbeitungsmaschinen. In welchem Zeitraum haben sich die Branchenakteure diese Stellung erarbeitet?

Schröter: Die deutschen Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen genießen seit Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf. Die deutsche Kultur des Wurstmachens mit entsprechenden Reinheitsgeboten der Fleisch- und Wursterzeugnisse sind weltweit bekannt und genießen höchste Anerkennung. Insofern ist der Inlandsmarkt für uns traditionell nicht nur sehr wichtig, er hat auch immer wieder Impulse für Neuentwicklungen gegeben. International spielen die deutschen Hersteller eine enorm wichtige Rolle, die ihresgleichen sucht.

FW: Insbesondere die Zulieferer der Fleischwirtschaft sind ohne große Umsatzeinbrüche durch die Pandemie gekommen. Worauf führen Sie das zurück?

Schröter: Im Jahr 2020 blieb der Umsatz in unserer Branche – gegen den Trend – stabil und 2021 konnten wird die Maschinenproduktion sogar um sechs Prozent steigern. Gab es zu Beginn der Pandemie im März 2020 noch eine gewisse Unsicherheit, wie sich das Geschehen weltwirtschaftlich auswirkt, so hat sich doch in Kürze gezeigt, dass der Konsum von Nahrungsmitteln nicht unterbrochen war. Auch haben viele Produzenten von Restaurant- und Hotelschließungen profitiert, da sich die privaten Haushalte verstärkt selbst versorgen mussten. Zudem sind unsere Kunden für die weltweite Nahrungsmittelversorgung als systemkritisch eingestuft worden, sodass auch wir als Lieferanten eingebunden waren in dieses Versorgungssystem.

FW: Inzwischen bremsen gestörte Lieferketten die Produktion und der Ukraine-Krieg verschärft die Lage zusätzlich. Wie begegnet ein Maschinenbauer diesen schwer beeinflussbaren Rahmenbedingungen und welchen Geschäftsverlauf erwarten Sie für 2022?

Schröter: Die gestörten Lieferketten sind in der Tat die größte Herausforderung der kommenden Monate. Nach Einschätzung des Branchenverbandes VDMA können wir voraussichtlich erst Ende des ersten oder Anfang des zweiten Quartals 2023 eine Entschärfung oder Normalisierung erwarten. Dort, wo es geht, werden die Maschinen- und Anlagenbauer versuchen, ihre Lagerbestände zu erhöhen. Insbesondere bei elektrischen oder elektronischen Bauteilen oder auch den Hauptwerkstoffen wie Edelstahl oder Aluminium. Hier erkennt man die Auswirkungen des Ukraine-Krieges, da sowohl aus der Ukraine als auch aus Russland Erze, Kohle und auch Nickel kommen, die maßgebliche Preistreiber bei den Edelstahlpreisen sind. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Entscheidend ist, wie die Abwicklung der Aufträge aufgrund fehlender Bauteile geschehen kann. Im letzten Jahr waren viele Unternehmen davon betroffen, sodass sie ihre Umsatzziele nicht erreichen konnten.

FW: Wie hart trifft die Sanktionspolitik der Bundesregierung gegen Russland Ihre Branche?

Schröter: Die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts erleben nicht nur die Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen, sondern auch die privaten Verbraucher hautnah in Form von massiven Preiserhöhungen für Energie und Rohstoffe. Nicht nur Erdgas, sondern auch Kohle, Erze und Nickel kommen aus den Konfliktregionen. Die Lage ist nach wie vor nicht vollumfänglich greifbar, da meiner Ansicht nach auch viele künstlich erzeugte Lieferengpässe die Situation verschärfen, wie beispielsweise coronabedingte Schließungen von großen Umschlaghäfen in China oder auch Verzögerungen im Containertransport innerhalb der globalen Logistik. Russland gehört seit vielen Jahren zu unseren zehn wichtigen Absatzmärkten, hat aber in den letzten Jahren relativ an Bedeutung verloren. 2021 gingen etwa vier Prozent unserer Exporte nach Russland. Andere Maschinenbaubranchen sind deutlich härter von Sanktionen direkt oder indirekt betroffen.

FW: Wie zuversichtlich sind Sie, die Preissteigerungen bei Energie, Transport und Materialien am nationalen und internationalen Markt durchzusetzen?

Schröter: Wir haben keine Wahl, als die Steigerungen der Rohstoffpreise auf die Endpreise umzulegen, da mittlerweile alle Potenziale für Kosteneinsparungen ausgeschöpft sind. Letztendlich betreffen die Preissteigerungen bei Energie, Transport und Materialien sämtliche Güter des privaten Konsums und der Industrie, was wiederum die Inflation antreibt. Das Verständnis für Preisanpassung und auch für verzögerte Inbetriebnahmen durch fehlende Bauteile ist am Markt und bei unseren Kunden angenommen.

FW: Im Fleischereimaschinenbau läuft der Innovationszyklus parallel zum IFFA-Rhythmus. Ist das nach wie vor zeitgemäß?

Schröter: Ich glaube, dass die IFFA nach wie vor in ihrem dreijährigen Rhythmus ihre Berechtigung hat, da sie allein durch ihre Größe den Ausstellern die Möglichkeit bietet, überwiegend das gesamte Produktportfolio auszustellen. Natürlich gibt es Themen wie Digitalisierung und Automatisierung oder veränderte, gesetzliche Rahmenbedingungen, auf die man eingehen und früher reagieren muss. Grundsätzlich sind der Termin und der Turnus für die IFFA passend platziert. Man muss sehen, dass auch viele Planungsprojekte auf der IFFA angesprochen und angestoßen werden, die manchmal erst zwei bis zweieinhalb Jahre nach dem Erstkontakt zu einem Geschäftserfolg führen.

FW: Welche Weiter- und Neuentwicklungen erwarten den IFFA-Besucher?

Schröter: Bei fast 1000 Ausstellern werden wir auf der IFFA einen großen Blumenstrauß an Neuentwicklungen und Innovationen sehen. Natürlich sind Themen wie Automatisierung und Digitalisierung Kernthemen in der Branche, aber auch Food Safety und Nachhaltigkeit sind starke Innovationsfelder. Insbesondere bei den Verpackungsmaschinen-Herstellern sind beispielsweise die Reduzierung von Verpackungsmaterialien und Folienstärken mit Beibehaltung der hygienischen Anforderungen ein Kernthema, aber auch interessante Recyclingkonzepte spielen eine Rolle.

In der Prozesstechnik sind Energieeffizienz, Reduktion von Verbrauchsmedien wie Wasser, Kälte, Reinigungsmittel und Druckluft und Vermeidung von Produktverlusten die wichtigsten Themen. Hier bieten wir Lösungen, angefangen bei energieeffizienten Motoren, über intelligente Hygienic-Design-Lösungen, die den Reinigungsaufwand und damit auch den Bedarf an Wasser und Medien reduziert bis hin zur Nutzung von Abwärme, die in thermischen Prozessen entsteht und im Betrieb an anderen Stellen genutzt werden kann.

FW: Machen Sie sich als Zulieferer der Fleischwirtschaft Sorgen angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen rund um den Fleisch- und Wurstkonsum?

Schröter: Ganz ehrlich, nein. Ich bin überzeugt, dass die Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen diese Veränderungsprozesse positiv begleiten. Zum einen, da der Fleischkonsum global gesehen weiter wachsen wird, aber natürlich auch weil die Entwicklungen bei alternativen Proteinen, Cultured Meat und entsprechenden innovativen Prozessen Wachstumspotenziale bieten. Die Maschinen- und Anlagenbauer sind es gewohnt, sich auf neue Anforderungen einzustellen und passende Lösungen anzubieten. Denn auch alternative Proteine müssen hergestellt, gekocht, verarbeitet und verpackt werden. Insofern begleiten die Maschinenbauer diese Entwicklung sehr sorgfältig und gestalten sie innovativ mit.

FW: Sie kennen namhafte Akteure der Fleischbranche auf der ganzen Welt. Beobachten Sie die in Deutschland angebrochene Zeit der Transformation auch andernorts?

Schröter: Ich denke, dass man heute den Markt für alternative Proteine nicht mehr außer Acht lassen kann, auch wenn er sicherlich weltweit gesehen unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Entwicklungen gerade in den letzten Jahren haben gezeigt, dass auch die Qualität und die geschmackliche Vielfalt beispielsweise der auf Pilz- oder Erbsenprotein basierten oder Soja basierten Produkte sehr gute Ergebnisse liefert. Einhergehend hiermit fallen auch veränderte Herstellungsprozesse an, die beispielsweise aus anderen Branchen kommen und Einfluss nehmen. So gibt es spannende und innovative Tätigkeitsfelder für die Zukunft. Nachhaltigkeitsthemen und Tierwohl spielen in der Diskussion eine ebenso wichtige Rolle.

FW: Wo sehen Sie die Hersteller von Fleischereiverarbeitungsmaschinen in zehn Jahren und auf welche Herausforderungen müssen die Unternehmen sich einstellen?

Schröter: Die Hersteller von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen werden sich in zehn Jahren insgesamt noch breiter aufgestellt haben und auch in anderen Branchen, wie beispielsweise verstärkt im Bereich Petfood, Käse, Molkereiprodukte und in der Brotindustrie tätig sein. Ich sehe für die Branche im Kern eine positive Entwicklung, denn gegessen wird immer, nur anders. KCK

"DIE AUFTRAGSBÜCHER SIND GUT GEFÜLLT"

"ALLE POTENZIALE FÜR KOSTENEINSPARUNGEN SIND AUSGESCHÖPFT"

"GEGESSEN WIRD IMMER, NUR ANDERS"

PHOTO (COLOR): Klaus Schröter Foto: Jan Duefelsiek

1 Klaus Schröter

Klaus Schröter ist seit 2013 Vorsitzender der VDMA-Fachabteilung Fleischverarbeitungsmaschinen und seit 2021 stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Fachverbands Nahrungsmittelmaschinen und Verpackungsmaschinen. Der geschäftsführende Gesellschafter des Familienunternehmens Schröter Technologie GmbH & Co.KG im westfälischen Borgholzhausen steht auch dem Fachbeirat der internationalen Leitmesse für Fleisch und Alternative Proteine, IFFA, vor. Die VDMA-Fachabteilung Fleischverarbeitungsmaschinen vertritt die Interessen von 50 Unternehmen und ist mit einem Produktionsvolumen von 1,2 Mrd. € stärkste Teilbranche des Nahrungsmittelmaschinenbaus.

By Renate Kühlcke

Reported by Author

Titel:
„Gestörte Lieferketten sind die größte Herausforderung": IFFA-Beiratsvorsitzender Klaus Schröter zur Marktposition der Hersteller von Fleischverarbeitungsmaschinen.
Autor/in / Beteiligte Person: Kühlcke, Renate
Zeitschrift: Fleischwirtschaft, 2022-04-25, Heft 4, S. 8-10
Veröffentlichung: 2022
Medientyp: serialPeriodical
ISSN: 0015-363X (print)
Schlagwort:
  • RUSSIAN invasion of Ukraine, 2022-
  • FOOD packaging
  • MEAT industry
  • PACKAGING machinery
  • MANUFACTURING industries
  • SAUSAGES
  • UKRAINE
  • FRANKFURT am Main (Germany)
  • Subjects: RUSSIAN invasion of Ukraine, 2022- FOOD packaging MEAT industry PACKAGING machinery MANUFACTURING industries SAUSAGES
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: UKRAINE ; FRANKFURT am Main (Germany)

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