Das Landtechnikunternehmen Grimme verfügt aktuell über eine Stammbelegschaft von 2850 Beschäftigten weltweit, davon 1850 an den Hauptstandorten Damme und Rieste in Niedersachsen. Trotz Corona, Logistikproblemen, Fachkräftemangel und Krieg in der Ukraine ist die Belegschaft in den letzten drei Jahren im Stammwerk Damme um 50 gewachsen. Weltweit kamen im gleichen Zeitraum 125 Beschäftigte hinzu. Doch gute Leute zu bekommen, wird immer schwieriger.
Von Jörg Huthmann
Mit Corona und einem neu zu entwickelnden Krisenmanagement fing es an. Mittlerweile sind Themen wie Home-Office bei Büroarbeitsplätzen, 15-Minuten-Puffer bei Schichtübergabe in den Produktionsbereichen, FFP2-Masken und viele weitere Maßnahmen geübte Praxis. Jede Woche gibt es eine Mail des Krisenstabs an die Belegschaft. Dafür zeichnet Seniorchefin Christine Grimme persönlich verantwortlich.
Insgesamt kam es bisher nur zu geringfügigen Produktionsausfällen. Marketing-Chef Jürgen Feld meint, das Unternehmen sei mit einem blauen Auge davongekommen. Dem Hinweis auf eine vermutlich bevorstehende weitere Corona-Welle im Winter begegnet er mit einem Verweis auf die vorliegende Erfahrung, die praktisch alle Unternehmen gesammelt hätten. Diese jederzeit reaktivierbaren Krisenpläne bildeten eine viel bessere Ausgangsbasis als vor Corona. Außerdem habe man „kommunikationsstarke Eigner". Hilfreich ist sicher auch, dass Grimme kein Personal abgebaut hat – die normale Fluktuation ausgenommen.
Das Unternehmen investiert zudem massiv in ergonomische Arbeitsplätze – auch und gerade in den Produktionsbereichen – und bietet diverse Benefits für die Belegschaft, zum Beispiel für den ÖPNV oder bei der Suche nach einem Kita-Platz für den Nachwuchs. Diese erweiterte Sicht auf die Beschäftigten und ihre Bedürfnisse jenseits des Faktors Arbeit sorgt dafür, dass auch in schlechten Zeiten die Identifikation der Belegschaft mit ihrem Unternehmen hoch bleibt. Krisen werden gemeinsam bewältigt.
Erfolgreiche Krisenbewältigung ist das eine, Fachkräfte- und Nachwuchsmangel das andere. Die aktuell 130 Ausbildungs- und Dualstudienplätze konnten zwar noch alle besetzt werden, doch die Suche wird schwieriger. Die Bewerberzahlen gehen nach unten. Kontakte in die Schulen in einem Radius von circa 20 Kilometern sowie gute, teilweise persönliche Verbindungen zu Hochschulen und Universitäten bilden weitere Werkzeuge bei der Suche nach Talenten. Kommunikative Präsenz in diversen Social-Media-Kanälen ist selbstverständlich. Doch Printmedien bleiben wichtig, so Jürgen Feld, schon weil Eltern und Großeltern möglicher Azubi-Kandidaten ihre Informationen eher dort finden.
Trotz immer höherer Hürden scheint es unter benachbarten Unternehmen, branchenfremd oder aus der Landtechnik, weiterhin ein vernünftiges Miteinander und Gespräche zu geben. Abwerbeversuche unterbleiben, zumindest im näheren Umfeld. Wenn es um Schlüsselpositionen geht, kommen Personalberater ins Spiel.
Grimme ist kein tarifgebundenes Unternehmen, auch wenn sich die Bezahlung an den tariflichen Entgelten der Branche orientiert. Das Miteinander von Betriebsrat, Belegschaft und Eigentümerfamilie funktioniert bisher. Das scheint ein Alleinstellungsmerkmal des Familienunternehmens Grimme zu sein.
Das Unternehmen investiert massiv in ergonomische Arbeitsplätze.
PHOTO (COLOR): Kartoffelroder sind einer der Schwerpunkte der Grimme Landtechnik. Foto: Imago/Jochen Tack
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