Beelitz, Julia E. Pfister, Jonas Tourismusphilosophie 2023 utb aus dem UVK Verlag 978-3-8252-5911-2
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Die Publikation ‚Tourismusphilosophie' ist eine im positiven Sinn des Wortes Grenzüberschreitung. Nicht nur, dass eine Tourismuswissenschaftlerin und ein Philosoph gemeinsam etwas schreiben – sie tun das stilistisch weitgehend in Form eines E-Mail- und SMS – Dialogs, hin und wieder nutzen sie kollaborative Online-Dokumente und benennen sie auch so. Damit folgen die AutorInnen einem Genre, das sich mit Autoren wie Glattauer oder Gaarder in der Literatur etabliert hat, aber bislang in der Wissenschaftsliteratur neu ist.
Die philosophische Auseinandersetzung mit Tourismus ist gar nicht so neu, wie in der Einleitung geschrieben, sie erfolgte aber bisher eher aus einer dritten Perspektive, etwa der Kommunikationswissenschaft – Kurt Luger oder Bernd Tschofen – oder der Soziologie – und Geschichtsforschung – Verena Winiwarter – und nichts so philosophie-theoretisch fundiert wie an dieser Stelle.
Eine philosophische Auseinandersetzung mit Tourismus klingt trocken, liest sich aber im Gegenteil spannend und äußerst kurzweilig. Wissenschaftliche Fundiertheit, inklusive Quellenangaben und Zitaten, trifft hier auf Anekdoten, wie etwa die, in der die Autorin mit einer gültigen Buchung vor einem nicht fertig-gebautem Hotel steht. Die zahlreichen internen Querverweise lassen für die LeserInnen auch individuell-intuitive Blickwinkel auf den Inhalt zu. Schade nur, dass dem Lektorat scheinbar einige der verrutschten internen Seitenabgabe und Verweise ebenso durchgerutscht sind.
Der inhaltliche Bogen reicht von der Frage ‚(Wie) darf man denn reisen?' über Fragen zur kritischen Ästhetik von Reisebildern, Gerechtigkeitsfragen bis hin zur Grundsatzdiskussion, ob denn Reisen eigentlich zu einem guten Leben dazugehört.
Der Dialog bildet immer wieder auch den gegenseitigen Lernprozess der DiskutantInnen ab, so etwa, wenn der Philosoph Pfister anfangs (fälschlich) konstatiert, dass der „Tourismus eine spezielle Form des Reisens sei" wohingegen die Tourismuswissenschafterin Beelitz das komplexe System Tourismus vom Mobilitätsvorgang ‚Reisen' abgrenzen wollte.
Bitte unbedingt mehr von diesen Cross-Over Publikationen. So wird Wissenschaft und Politik wieder spannend ohne an Informationsgehalt zu verlieren.
By Christian Baumgartner
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