Eine Aufnahme der Ukraine in die EU würde ohne eine Änderung von Förderregeln erhebliche finanzielle Konsequenzen für die bisherigen Mitgliedstaaten haben. Nach neuen Beispielrechnungen der Brüsseler Denkfabrik Bruegel hätten sich die Gesamtkosten einer Integration der Ukraine in der laufenden Haushaltsperiode von 2021 bis 2027 auf rund 136 Mrd. € belaufen. So würde das Land etwa mit 85 Mrd. € über den Siebenjahreszeitraum das meiste Geld aus dem Topf für Agrarsubventionen bekommen, heißt es in einem Bericht des Nachrichtensenders ntv. Die Denkfabrik Bruegel komme allerdings gleichzeitig zu dem Ergebnis, dass sich die Position der Nettoempfänger und Zahler in der EU kaum verändern würde. So entsprächen die Gesamtkosten von 136 Mrd. € den Berechnungen zufolge lediglich rund 0,13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU im gleichen Zeitraum. Der Beitritt der Ukraine würde zudem die Wirtschaftsleistung der EU durch Handel, Migration und ausländische Direktinvestitionen positiv beeinflussen sowie Beschäftigung, Produktion und Steuereinnahmen steigern.
Für ihre Analyse verwendeten die Experten laut ntv die Zahlen und die Förderregeln des bestehenden mehrjährigen EU-Haushalts. Dieser Gemeinschaftsetat umfasse von 2021 bis 2027 rund 1,1 Billionen €. Grundlage seien zudem ukrainische Bevölkerungs- und Wirtschaftsdaten aus 2020 – dem Jahr, in dem sich die EU auf den langfristigen Haushalt verständigte. Demnach würde auch der Umfang des Budgets nach einem Beitritt der Ukraine leicht ansteigen. Die hohe Summe an Agrarsubventionen würde in die Ukraine fließen, wenn die territoriale Integrität der Ukraine vollständig wiederhergestellt und verschmutzte oder verminte landwirtschaftliche Flächen saniert würden. Die EU-Subventionen seien vornehmlich nach der Größe der bewirtschafteten Anbaufläche berechnet worden. Daneben würde das Land den Berechnungen zufolge 32 Mrd. € an sogenannten kohäsionspolitischen Zahlungen bekommen. Mit diesen Mitteln solle strukturschwachen Regionen beim Wachstum geholfen werden, um wirtschaftliche und soziale Unterschiede auszugleichen. Die derzeitigen Mitgliedstaaten würden demnach 24 Mrd. € weniger an Kohäsionsmitteln erhalten. Aus anderen EU-Programmen würden weitere 7 Mrd. € an die Ukraine fließen.
Dass die bisherigen Haushaltsregeln der EU bei einem Beitritt angewendet würden und es keine Übergangsregelungen gäbe, halten die Autoren laut ntv für unwahrscheinlich. Anfang November hatte die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine empfohlen. Bei einem Gipfeltreffen Mitte Dezember hatten sich die Staats- und Regierungschefs der EU auf die Aufnahme von Beitrittsgesprächen verständigt. Sz
By Schultz Olaf
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