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Der lange Schatten der Standardisierung in Allianzen – technologische Pfadabhängigkeit, strategische Tiefe und globaler Rüstungsmarkt.

Schütz, Torben
In: SIRIUS - Zeitschrift fur Strategische Analysen, Jg. 8 (2024-06-01), Heft 2, S. 184-201
Online academicJournal

Der lange Schatten der Standardisierung in Allianzen – technologische Pfadabhängigkeit, strategische Tiefe und globaler Rüstungsmarkt 

Dieser Beitrag vertritt die These, dass die von Allianzen während des Kalten Krieges veranlasste technische Standardisierung von Artilleriemunitionskalibern und die daraus resultierenden technologischen und industriellen Pfadabhängigkeiten auch auf dem heutigen globalen Rüstungsmarkt nachwirken und die strategische Tiefe der an großen Konflikten beteiligten Akteure mitbestimmen. Zentral ist dabei die Analyse globaler Standards, Arsenale und Rüstungsmarktbedingungen für Artilleriesysteme und Munition. Aufbauend auf bestehenden Konzeptualisierungen von strategischer Tiefe, Standardisierung und globalem Waffenhandel wird das Modell „Vertikale Standardisierung, horizontale Versorgung, erhöhte strategische Tiefe" entwickelt, um die theoretischen Erwartungen für Artilleriesysteme und Munitionsstandardisierung zu beschreiben. Die Ergebnisse zeigen, dass in den weltweiten Artilleriearsenalen die Standardkaliber der NATO und des Warschauer Paktes dominieren. Schließlich macht der aktuelle Krieg in der Ukraine deutlich, dass die Ukraine durch den Zugang zum Weltmarkt in der Lage ist, ihre Streitkräfte weiterhin mit indirektem Artilleriefeuer zu unterstützen, und zwar weitgehend durch den Import von standardisierter Artilleriemunition – sowohl für NATO- als auch für Warschauer-Pakt-Kaliber. Diese internationale Lieferantenbasis ist somit ein integraler Bestandteil der strategischen Tiefe der Ukraine.

This paper argues that alliance-induced technical standardisation for artillery ammunition calibres during the Cold War and the resulting technological and industrial lock-ins reverberate in today's global arms market and co-determine the strategic depth of actors involved in large-scale conflicts. It does so by analysing the global standards, arsenals and arms market conditions for artillery systems and munitions. Building upon existing conceptualisations of strategic depth, standardisation, and the global arms trade, it develops the "Vertical Standardisation, Horizontal Supply, Increased Strategic Depth"-model to describe the theoretical expectations for artillery systems and ammunition standardisation. The results show that in global artillery arsenals NATO and Warsaw Pact standard calibres dominate. Lastly, the current war in Ukraine makes it clear that access to the world market enables Ukraine to continue to support its armed forces with indirect fire from artillery due to the import of ammunition – for both NATO and Warsaw Pact artillery ammunition standards. This international supplier base thus is an integral part of Ukraine's strategic depth.

Keywords: strategische Tiefe; Rüstungsmarkt; Artillerie; technologische Pfadabhängigkeit; Allianzen; Strategic depth; arms market; artillery; technological lock-in; alliances

Hinweis eine frühere Fassung dieses Papiers wurde auf dem Workshop Military Alliances and the Challenges to the Use of Military Force am 9. November 2022 in Brüssel, Belgien, vorgestellt. Der Verfasser dankt Dr. Raluca Csernatoni, Dr. Daniel Fiott und Dr. Heiko Borchert für wertvolle Kommentare.

1 Einleitung

Der derzeitige Krieg in der Ukraine macht bewusst, dass umfangreiche konventionelle Konflikte enorme Mengen an Munition verbrauchen. Da nur noch wenige Rüstungsindustrien auf die Herstellung solch großer Mengen ausgerichtet sind, sind beide kriegführenden Staaten auf Munition von Lieferanten aus der ganzen Welt angewiesen. Die Verfügbarkeit von Munition dieser Lieferanten hängt nicht nur von deren politischer Haltung gegenüber dem potenziellen Empfänger und den verfügbaren Transportwegen ab, sondern auch von deren militärischer Ausrüstung und Interoperabilität. Die Ausrüstung wiederum ist bedingt durch die Beziehungen zu den Rüstungsimporteuren, die Zugehörigkeit zu Bündnissen und die Standards oder Kapazitäten der heimischen Rüstungsindustrie. Dies gilt selbst dann, wenn die Zahl der möglichen Lieferanten mit neuen Rüstungsindustriestandorten in mehr Ländern steigt.

Auf der Grundlage von Theorien der technologischen Pfadabhängigkeiten und Verteidigungsökonomie sowie von empirischen Daten aus dem Ukraine-Krieg und über internationale Arsenale argumentiert dieser Beitrag, dass die bündnisbedingte technische Standardisierung von Munitionskalibern während des Kalten Krieges und die daraus resultierenden technologischen und industriellen Pfadabhängigkeiten auf dem heutigen globalen Rüstungsmarkt nachwirken und damit die strategische Tiefe der an groß angelegten Konflikten beteiligten Akteure mitbestimmen. Dabei konzentriert er sich auf Artilleriemunition, einen der kritischsten Engpässe für Russland und die Ukraine. Weiteres Augenmerk gilt den Konsequenzen, die sich für die NATO und Deutschlands Bündnis- und Verteidigungsindustriepolitik ergeben, da die NATO sich auf eventuelle hochintensive Konflikte vorbereitet. Die Analyse wird den andauernden Charakter von Standardisierungsentscheidungen und den Wert enger Sicherheits- und Industriebeziehungen zu nicht verbündeten Staaten hervorheben, weil diese die strategische Tiefe eines Bündnisses erhöhen. Diese Perspektive erfordert jedoch eine konzeptionelle Erweiterung des Begriffs der „strategischen Tiefe", der heutzutage in erster Linie auf geografische Faktoren angewandt wird.

Der Beitrag geht in vier Schritten vor: Zunächst gibt er einen Überblick über die einschlägige Literatur zu den Themen strategische Tiefe, Standardisierung von Allianzen, technologischer Lock-in und globaler Rüstungsmarkt. Zweitens stellt er ein integriertes Modell dieser Aspekte vor und beschreibt dabei detailliert auch die Fallauswahl. Drittens werden Daten zu den globalen Artilleriearsenalen, rüstungsindustriellen Kapazitäten und der Situation im Ukraine-Krieg vorgestellt und aufgezeigt, wie diese Beispiele mit der Theorie zusammenhängen. Implikationen und Empfehlungen für die Bündnispolitik bilden den Abschluss.

2 Modellbildung und Fallauswahl

In diesem Kapitel wird zunächst die einschlägige Literatur untersucht und ein theoretisches Modell erstellt, das die Erwartungen an das Zusammenspiel von globalem Rüstungsmarkt, Rüstungsstandardisierung und strategischer Tiefe beschreibt.

2.1 Strategische Tiefe

Das Konzept der strategischen Tiefe wurde vor allem für die Sowjetunion, Pakistan, Iran, Israel und die Türkei verwendet und in seinen verschiedenen Ausprägungen in erster Linie in Bezug auf geografische Merkmale definiert. Diese reichen von der schieren Tiefe des Raums als Puffer über geografische Merkmale (natürliche Grenzen und Hindernisse wie Flüsse) bis hin zu einer Einflusssphäre, die durch „Sicherheit für alle, politischen Dialog, wirtschaftliche Interdependenz und kulturelle Harmonie" geprägt sei. Keine dieser Erklärungen umfasst jedoch die für die Kriegsführung erforderlichen Fähigkeiten der Rüstungsindustrie.

General Aharon Yarivs Definition von strategischer Tiefe als „Raum zwischen der vordersten Frontlinie, an der ein Staat militärische Kräfte zu seiner Verteidigung aufrechterhalten kann, ohne die Souveränität eines anderen Staates zu beeinträchtigen, und seinem lebenswichtigen Territorium" mit der Definition von lebenswichtigem Territorium als „Territorium, dessen Besetzung durch einen Aggressor gleichbedeutend mit dem Ende der staatlichen Souveränität ist [...]" kommt dem am nächsten, erwähnt aber nicht die wehrtechnische Industrie. Die moderne konventionelle Kriegsführung ist jedoch ohne die Produktion der Rüstungsindustrie nicht aufrechtzuerhalten, was die Staaten anscheinend jedes Mal aufs Neue lernen müssen, wenn ein größerer Konflikt ausbricht – vom britischen „Granatenskandal" im Jahr 1915 bis zum aktuellen Krieg in der Ukraine. Eine erweiterte Definition der strategischen Tiefe, die auf der Definition von Yariv aufbaut, würde daher lebenswichtiges Territorium neu definieren als „Territorium, dessen Besetzung durch einen Aggressor gleichbedeutend mit dem Ende der staatlichen Souveränität und der für die Fortsetzung des Krieges notwendigen industriellen Produktion ist".

Graph: General Aharon Yariv im Jahr 1970

Eine solche Definition rückt automatisch die Unterstützung von außen in den Blick, da solche Produktionskapazitäten für jeden Aggressor unerreichbar sind, solange der Krieg nicht eskaliert. Die Ukrainer selbst sind sich dieser Situation sehr wohl bewusst und stellen fest, dass „die Ukraine für ihre strategische Tiefe bei Ausbildung und Material jetzt von ihren internationalen Partnern abhängig ist." Unterstützung von außen ist nichts Neues: Europäische Staaten bestellten bereits während des Ersten Weltkriegs Munition in den USA, und direkte staatliche Unterstützung findet sich z. B. im U.S.Lend-Lease während des Zweiten Weltkriegs oder des Jom-Kippur-Kriegs mit der jeweiligen amerikanischen und sowjetischen Unterstützung. Letztmals bedeutend was dies im Iran-Irak-Krieg, als beide Parteien den Weltmarkt durchkämmten. In der Regel führte das jedoch zu einer übermäßigen Vielfalt an Ausrüstung und Munition.

2.2 Standardisierung

Hier kommt die Standardisierung ins Spiel. Standardisierung kann die Interoperabilität zwischen den Streitkräften erheblich verbessern und damit deren militärische Schlagkraft als vereinte Streitkräfte erhöhen. In Militärbündnissen wie der NATO oder früher auch dem Warschauer Pakt (WP) geht sie oft über technische Standardisierung hinaus und umfasst „Politik, Verfahren, Taktik und Technologie zwischen den Bündnispartnern." Standardisierung ist aber nicht nur oder in erster Linie bestimmt vom rationalen Streben nach Effizienz. Anhand der Akteur-Netzwerk-Theorie aus der Wissenschafts- und Technikforschung (STS) als theoretischem Rahmen zeigen Ford und Gould am Beispiel der Normung von Kleinwaffenmunition in der NATO deutlich auf, dass technische Produkte zumindest teilweise von den Prioritäten, Präferenzen und der hegemonialen Kontrolle der beteiligten Akteure geprägt sind.

Das von Ford und Gould angeführte Beispiel der Standardisierung von Kleinwaffenmunition demonstriert nicht nur die Rolle von Hegemonen (oder hegemonialen Koalitionen), sondern auch den Part, den private Akteure, in diesem Fall Rüstungsunternehmen, spielen können. Zugleich verfügten und verfügen Bündnisse wie der Warschauer Pakt und die NATO über Standardisierungsbürokratien und -dokumente, um Beiträge von Bündnismitgliedern und Rüstungsindustrie bei der Einführung von Standards zu berücksichtigen. Dabei ist die politische Beteiligung oft weitaus geringerer als bei der von militärischer Identität und Präferenzen geprägten Entscheidung über Kleinwaffenmunition. Zwar lassen sich diese von Bürokratien und Dokumenten gemeinsam festgelegten Standards nicht unbedingt durchsetzen, bestimmen aber häufig die technischen Parameter der Waffensysteme von Allianzmitgliedern. Das wiederum hat auch Einfluss darauf, welchem Standard die im Inland hergestellten Systeme und Munition entsprechen, und daher darauf, welcher Standard exportiert wird.

Tab. 1: Standardisierungsprozesse

Staat (Militär)

Privat (Industrie)

Hegemonialer Prozess

Durch hegemonialen Einfluss in der Politik oder durch (staatlich gesteuerte) Waffenströme (z. B. Militärhilfe, Überschussverkäufe)

Über den monopolistischen (oder nahezu monopolistischen) Status eines privaten Anbieters

Kollaborativer Prozess

Über Bürokratie und Dokumente innerhalb eines Bündnisses oder Sicherheitsabkommens

Durch Marktauswahl (Wettbewerb), ein hybrides Modell oder eine ausgehandelte Zusammenarbeit

Folglich kann Standarddiffusion entlang einer 2x2-Matrix mit Prozess und Akteuren als den beiden Achsen strukturiert werden (siehe Tabelle 1). Während es sich bei der hegemonialen oder monopolistischen Standardsetzung und -verbreitung um einen Top-Down-Prozess handelt, kennzeichnet Bottom-Up-Standardisierung die kollaborativen Prozesse in Bürokratien oder Märkten.

Dieser Artikel konzentriert sich zwar mehr auf die Folgen der bündnisinternen Standardisierung, beleuchtet aber auch die Abfolge der Entstehung und Verbreitung von Standards. Ein Element bei der Bewertung des Standardisierungsgrads stammt aus der Wissenschafts- und Technikforschung, insbesondere Bijkers Konzept von Schließung und Stabilisierung. Mit diesem lässt sich der Prozess der Standardisierung von Technikprodukten beschreiben. Eine unvermeidliche Auswirkung einer solchen Standardisierung ist die technologische Pfadabhängigkeit, die potenzielle Alternativen zunehmend unwahrscheinlich werden lässt, weil sowohl die Kosten für einen Wechsel (sunk costs) als auch der technische Vorsprung der gewählten Technologie (aufgrund von F&E/T- und Produktionsinvestitionen) zunehmen.

2.3 Der globale Waffenhandel

Sowohl quantitative als auch qualitative Analysen gehen davon aus, dass der globale Rüstungsmarkt hierarchisch strukturiert ist. Bislang gibt es nur wenige Lieferanten und viele Empfänger, was nicht nur für das Volumen und die Zahl der Außenhandelsströme gilt, sondern auch für moderne Waffensysteme. Diese Hierarchie, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als sich die Überreste der europäischen Rüstungsindustrie auf nationale Märkte und Aufrüstung konzentrierten, noch ausgeprägter war, nimmt derzeit ab – sowohl bei den Handelsströmen als auch bei anderen Indikatoren wie bilateralen Rüstungskooperationsabkommen. Immer mehr Länder wollen ihre eigene Verteidigungsindustrie aufbauen, wodurch die Zahl potenzieller Lieferanten, insbesondere für Low-Tech-Güter, steigt. Darüber hinaus ist der Markt hochgradig politisiert. Dabei wirken sich politische Bindungen und die Nähe zu einem bestimmten Regime erheblich auf die Handelsströme aus, auch wenn ihre Bedeutung in den letzten 20 Jahren allmählich abgenommen hat.

2.4 Technische Merkmale von Artilleriesystemen und -munition

Die technischen Merkmale eines Technologieprodukts können Standardisierungsprozesse beeinflussen. Genauer gesagt beeinflusst der Grad der Anpassungsfähigkeit eines Produkts an verschiedene Aufgaben die Wahrscheinlichkeit einer Standardisierung von Subkomponenten oder Parametern. Ein standardisiertes Kaliber als technischer Parameter kann verschiedene Konfigurationen in der Munition erlauben, wenn Teilkomponenten mit unterschiedlichen technischen Eigenschaften zu einem Geschoss zusammengefügt werden. Modularität ist also ein technisches Merkmal, das sich auf den Normungsprozess auswirkt. Deshalb nutzt Arthur folgende Beschreibung als einen von drei definitorischen Bestandteilen von Technologie „als eine Ansammlung von Praktiken und Komponenten." Modularität ist wesentlicher Teil von Technologie, wobei verschiedene Prozesse die Veränderung von Subkomponenten beschreiben. Allerdings werden Leistungssteigerungen durch solche Prozesse oft verhindert oder gehen zumindest mit einem deutlich abnehmenden Grenzertrag einher.

Das zweite entscheidende technische Merkmal ist die lange Lebensdauer von Artilleriesystemen. Während moderne Streitkräfte davon ausgehen, dass sie diese nach 20 Jahren ersetzen, bleiben andere Systeme 50 Jahre oder länger im Einsatz. Daher muss ihre Diffusion über einen langen Zeitraum analysiert werden, da weit zurückliegende Waffenströme die weltweiten Arsenale und damit auch die Kaliberstandards nachhaltig prägen.

2.5 Modell – Vertikale Standardisierung, horizontales Angebot, größere strategische Tiefe

Aus diesen Annahmen ergibt sich ein integriertes Modell, das „Vertikale Standardisierung, horizontales Angebot, größere strategische Tiefe" genannt werden soll und die ineinandergreifenden Entwicklungen bei Standardisierung, globalem Waffenmarkt und strategischer Tiefe erfasst.

Die vertikale Standardisierung beschreibt, wie der hierarchische Charakter des Rüstungsmarkts mit einer begrenzten Anzahl von Anbietern, die komplexere Beschaffenheit moderner Artilleriesysteme und die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Waffenlieferungen an ideologisch ähnliche Staaten während des Kalten Krieges, unterstützt durch bündnisinterne Standardisierung bei vielen der zentralen Waffenexporteure, zu wenigen, aber weit verbreiteten Standards in den weltweiten Artilleriearsenalen geführt haben dürften. Darüber hinaus macht die lange Lebensdauer von Artilleriesystemen es wahrscheinlich, dass Standards, die mit diesen Systemen einhergehen, die Arsenale dauerhaft prägen.

Eine solche technologische Pfadabhängigkeit erhöht für etablierte wie aufstrebende Akteure der Rüstungsindustrie die Kosten für den Umstieg auf andere Standards. Das stärkt die bestehende Standardstruktur selbst dann, wenn sich die historischen Umstände ändern, z. B. wenn weitere Anbieter auftauchen, der Rüstungshandel entlang ideologischer Nähe abnimmt oder importierte Waffensysteme das Ende ihrer Lebensdauer erreichen. Die kombinatorische Flexibilität der Munition sollte die Standarddiffusion ebenfalls stabilisieren. Das Angebot an standardisierten Komponenten mit niedrigem Technologieniveau, z. B. Munition, dürfte sich im Lauf der Zeit horizontaler werden, da immer mehr Akteure der Verteidigungsindustrie die vorherrschenden Standards übernehmen, was die Interoperabilität vieler Nutzer ermöglicht. Da es sich bei Artilleriemunition im Allgemeinen nicht um ein stark politisiertes Verteidigungsgut handelt, dürfte der Zugang zum Weltmarkt – auch für allgemein restriktivere Exporteure – vergleichsweise einfach sein.

Schließlich dürften diese Interoperabilität und die Horizontalisierung des Angebots in Verbindung mit einer geringeren Politisierung des globalen Rüstungsmarkts die strategische Tiefe der Nutzer erhöhen. Die Nutzer erhalten Zugang zu mehr Lieferanten, die standardisierte, für ihre Streitkräfte verwendbare Güter herstellen. Der rüstungsindustrielle Teil strategischer Tiefe hängt also ab von der Verbreitung der von den nationalen Streitkräften verwendeten Standards und dem Zugang zu zusätzlichen Lieferanten.

Infolge der Standardisierung in Allianzen während des Kalten Krieges und der damit zusammenhängenden technologischen Pfadabhängigkeiten sowie der Verbreiterung des Angebots bestimmen nun auch der Zugang zu Lieferanten und die Diffusion von Standards auf dem Weltmarkt die strategische Tiefe. Zugleich wächst mit der Standarddiffusion und damit der Stabilisierung der Produkte – mit allen Vor- und Nachteilen – der Widerstand gegen kostspielige Standardwechsel.

2.6 Auswahl der Fälle

Dieser Artikel verwendet Artilleriesysteme und Munition als Fallbeispiel, um das oben beschriebene Modell zu überprüfen. Artillerie eignet sich gut als Fallstudie, da die in der Regel lange Nutzungsdauer ihrer Systeme die Waffenhandelsströme und weltweiten Arsenale langfristig prägt. Darüber hinaus verfügen die meisten Streitkräfte über Artillerie in der einen oder anderen Form (Mörser, Panzerhaubitzen, Mehrfachraketenwerfer), wodurch viele Fälle vorliegen. Außerdem sind die Systeme im Vergleich zu ihrer Munition komplex in der Herstellung und daher ein geeigneter Testfall für die oben aufgezeigte Versorgungshierarchie auf dem globalen Waffenmarkt. Darüber hinaus bietet Artilleriemunition ein interessantes Beispiel dafür, wie die Modularität technischer Produkte Standardisierung und Verbreitung von Standards beeinflusst. Schließlich sind Informationen über die weltweiten Waffenarsenale und – in geringerem Maße – über die Munitionshersteller in offenen Quellen leicht zugänglich, die von standardisierten Datenbanken wie der Military Balance des International Institute for Strategic Studies oder der SIPRI Arms Trade Database bis hin zu einem vom Autor zusammengestellten Datensatz mit Websites von Waffenherstellern in aller Welt reichen. Die Konzentration auf die NATO und den Warschauer Pakt ist deshalb sinnvoll, weil sie die größten und wichtigsten Bündnisse der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellen und sowohl die USA als auch die Sowjetunion neben den europäischen Ländern zu den wichtigsten Waffenproduzenten und -exporteuren zählten.

3 Artillerie und Artilleriemunition: Bestände, Standards, Märkte und strategische Tiefe

Das folgende Kapitel geht in vier Schritten vor: Zunächst werden die bestehenden globalen Artilleriekaliberstandards und die jeweiligen Standardisierungsprozesse in der NATO und dem Warschauer Pakt vorgestellt. Darauf folgt eine Analyse der weltweiten Artilleriearsenale im Jahr 2021, um das Ausmaß der Verbreitung von Kalibernormen nachzuvollziehen und so den Aspekt der vertikalen Standardisierung zu operationalisieren. Drittens werden die internationalen Märkte und die Versorgungslage für Artilleriesysteme und -munition untersucht, was den Aspekt der horizontalen Versorgung messbar macht. Schließlich wird am Beispiel des laufenden Ukraine-Kriegs gezeigt, wie Standardisierung und globaler Rüstungsmarkt die strategische Tiefe der Ukraine deutlich erhöht haben.

3.1 Globale Standards

Artillerie wird hier als indirekte Feuerunterstützung von Streitkräften durch Granaten oder Raketen definiert. Die relevanten Waffensysteme sind gezogene oder selbstfahrende Mörser, gezogene oder selbstfahrende Haubitzen und Mehrfachraketenwerfer. Ihre Kaliber reichen von 81mm bis zu 600mm. Tabelle 1 zeigt die global vorhandenen Kaliber für alle drei Kategorien und welche Kaliber in der NATO und den ehemaligen Mitgliedern des Warschauer Pakts üblich waren (und sind).

Die Standardisierung in der NATO ist ähnlich alt wie das Bündnis selbst und nahm 1951 mit der Gründung des Amtes für militärische Standardisierung ihren Anfang. In den 1970er- und insbesondere in den 1980er-Jahren wurden die Bemühungen intensiviert, z. B. durch Gründung der NATO-Standardisierungsgruppe. Rüstungsstandards werden im Wesentlichen auf drei Arten entwickelt: NATO Standardisation Agreements (STANAGs), NATO Standardisation Recommendations (STANRECs) und Allied Publications (APs). Die NATO definiert einen Standard als ein „Dokument, das durch Konsens erstellt und von einem anerkannten Gremium gebilligt wurde und das für die gemeinsame und wiederholte Verwendung Regeln, Leitlinien oder Merkmale für Tätigkeiten oder deren Ergebnisse bereitstellt, die darauf abzielen, in einem bestimmten Kontext ein optimales Maß an Ordnung zu erreichen." Schließlich ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die NATO keinen Sanktionsmechanismus für die Nichtanwendung der STANAGs vorsieht, sondern sich stattdessen auf Vernetzung, Austausch bewährter Praktiken und Schaffen von Bewusstsein für die Standardisierung stützt.

Tab. 2: Artilleriekaliber weltweit

Gezogene/selbstfahrende Mörser

Gezogene/selbstfahrende Haubitzen

Mehrfachraketenwerfer

NATO-Standard-Kaliber

81mm, 107mm, 120mm

105mm, 155mm, 175mm, 203mm

227mm

Warschauer Pakt Standard-Kaliber

82mm, 120mm, 160mm, 240mm

122mm, 130mm, 152mm, 203mm

107mm, 122mm, 132mm, 140mm, 220mm, 240mm, 300mm

Andere Kaliber

100mm, 140mm, 170mm, 180mm

105mm, 117mm, 126mm, 127mm, 128mm, 130mm, 160mm, 200mm, 214mm, 239mm, 262mm, 273mm, 290mm, 302mm, 306mm, 330mm, 370mm, 600mm

Während sich die NATO-Standardisierung mit Management, Betrieb und Material befasst, konzentriert sich dieser Beitrag auf die dritte Komponente. Materialstandardisierung umfasst den gesamten Lebenszyklus: Entwicklung, Produktion, Beschaffung und Lebenszyklusmanagement – bei Munition auch Entsorgung. Die wichtigste STANAG für Artilleriemunition ist STANAG 4425, die 105mm- und 155mm-Haubitzenmunition sowie Mörsermunition umfasst. Selbstverständlich sind auch andere STANAGs für Teilkomponenten (z. B. STANAG 4022 für Explosivstoffe) oder Lagerung und Sicherheitsmaßnahmen relevant.

Auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs standardisierte der Warschauer Pakt ebenfalls Waffensysteme und Munition. Hauptverantwortlich für die Standardisierung, Modernisierung und Normalisierung von Waffen sowie für alle anderen militärtechnischen Aspekte war der Stellvertretende Oberbefehlshaber für Rüstung in den Vereinten Streitkräften. Für den Stellvertretenden Oberbefehlshaber für Rüstung nahm das 1969 gegründete Technische Komitee mit seinen waffenspezifischen Unterausschüssen, z. B. für Artillerie oder Flugabwehr, diese Aufgaben wahr. Dem Komitee stand der Militärisch-wissenschaftlich-technische Beirat als beratendes Gremium in technologischen Fragen zur Seite. Vor allem empfahl der Beirat den verbündeten Streitkräften Technologie und Ausrüstung und entwickelte die einheitlichen taktisch-technischen Forderungen, die gemeinsame Anforderungen an die Ausrüstung darstellten und Standardisierungsvorschriften enthielten. Wie in der NATO umfasste auch die Standardisierung des Warschauer Paktes den gesamten Lebenszyklus von der Entwicklung bis zur Lagerung.

Aufbauend auf der eingeführten Klassifizierung von Normungsprozessen finden sich in der vorhandenen Literatur unterschiedliche Interpretationen der empirischen Belege für die NATO und den WP. Molas-Gallart und Hawkins sowie Hurley und Taylor betonen die Rolle der frühen Vorherrschaft der US-amerikanischen Rüstungsindustrie und der staatlichen Lieferungen innerhalb der NATO, was die Standardisierung auf die bloße Umsetzung US-amerikanischer Normen reduzierte. Diese Erklärung deckt sich – bis zu einem gewissen Grad – mit dem Argument von Ford und Gould, die Standardisierung zwinge dem Bündnis eine hegemoniale Kontrolle durch einen Akteur oder ein Netzwerk von Akteuren auf. Dass die US-Armee die Artilleriekaliber 105 und 155mm bereits im Zweiten Weltkrieg verwendete, trägt zu dieser Erklärung bei. Andererseits unterstreicht Kopold die freiwillige Umsetzung der NATO-Standards durch ihre Mitglieder den kooperativen Charakter des Normsetzungsprozesses. Wahrscheinlich spielt hier die Zeit eine wichtige Rolle: Während die frühe Dominanz der USA im Kalten Krieg die Standardisierung vergleichsweise einfach (und hegemonial) gestaltete, könnten in späteren Phasen – ab den 19070er-Jahren – wieder aufkommende Industrieprodukte und entsprechende Wirtschaftsinteressen in Europa dies kompliziert haben. Je mehr industriell und militärisch fähige Akteure beteiligt sind, desto stärker prägen und verkomplizieren ihre Interessen die Verhandlungen zur Standardsetzung, argumentieren zumindest Sandler und Hartley sowie Hurley.

In Bezug auf Artilleriemunition wie vom Kaliber 155mm ist der Hinweis wichtig, dass Standardisierung, selbst innerhalb der NATO, nicht perfekt ist. Insbesondere liegt eine Zertifizierung von Systemen für die Verwendung von Munition aus anderen Ländern nur selten vor und verhindert die Interoperabilität in Friedenszeiten. Dies ist ein dauerhaftes Problem, denn Bemühungen um eine Verbesserung der Interoperabilität von Artilleriemunition in der NATO finden sich in Dokumenten von 1979 bis 2009 – und werden wahrscheinlich auch heute noch diskutiert. Der anhaltende Charakter dieser Interoperabilitätsprobleme spricht dafür, dass die Sicherung der wirtschaftlichen Position der nationalen Rüstungsindustrien weiterhin der Politik einer vollständigen NATO-Standardisierung im Wege steht. In Kriegszeiten wäre Interoperabilität erheblich ausgeweitet worden, denn dann hätten die NATO-Streitkräfte Kombinationen aus verschiedenen nationalen Komponenten wie Zündern, Granaten und Treibladungen verwenden dürfen. In solchen Zeiten werden Abstriche bei Sicherheit und Leistung sowie höhere Rohrerosion und schnellerer Verschleiß zugunsten operativer Flexibilität in Kauf genommen – so wie es die Ukraine jetzt im Krieg tut.

Ähnlich der NATO wies auch der Warschauer Pakt Merkmale beider Konzepte auf – von der institutionalisierten Zusammenarbeit, bei der alle Bündnismitglieder Initiativen in die einheitlichen taktisch-technischen Forderungen einbringen konnten, bis hin zur eindeutigen Dominanz der sowjetischen Rüstungsindustrie, insbesondere in den Anfangsjahren des Bündnisses. Rattinger, Kopold und Sadykiewicz argumentieren, die extreme Dominanz der Sowjetunion im Pakt habe dazu geführt, dass die Standardisierung auf die Umsetzung sowjetischer Standards hinauslief, ohne dass sich die anderen Bündnismitglieder in größerem Umfang an der Erarbeitung der Standards beteiligen konnten. Die Häufigkeit von Rüstungslieferungen der Sowjetunion an ihre Satelliten während der frühen Phase des Kalten Krieges und die Lizenzproduktion innerhalb des Warschauer Paktes sprechen für dieses Argument.

Daher ist sowohl für die frühe NATO als auch den WP anzunehmen, dass der hegemoniale Bündnisakteur seine bestehenden Standards verwendete und sie über Rüstungslieferungen und Überschussverkäufe sowie über Lizenzproduktion an seine Verbündeten und Kunden exportierte. Dieses Bild verschiebt sich im Fall der NATO im Verlauf des Kalten Krieges zu einer kooperativen Standardsetzung, indem die europäischen Mitglieder und Industrien ihre eigenen Produkte entwickelten. In den folgenden Unterkapiteln wird untersucht, inwieweit sich dieser Wandel der Standardisierungsprozesse auf die Artilleriearsenale der NATO, des WP und der ganzen Welt ausgewirkt hat.

3.2 Globale Arsenale

Die Analyse der jeweiligen NATO- und WP-Artilleriestandards in den heutigen weltweiten Waffenarsenalen birgt zwei wichtige Erkenntnisse: Erstens stellen sie die überwiegende Mehrheit der Einträge im Datensatz dar (insgesamt 1499 Einträge), wie Tabelle 3 zeigt. Die Einträge spiegeln zwar nicht die tatsächlichen Ausrüstungsmengen wider, aber sie beschreiben die Arsenale der Länder, d. h. welche Typen vorhanden sind. Daher sind sie für die Erfassung der Standarddiffusion besser geeignet, denn die absoluten Mengen hätten die Darstellung in Richtung großer nationaler Arsenale verzerrt.

Tab. 3: Prozentualer Anteil von NATO- oder Warschauer-Pakt-Standardkalibern an den gesamten Datenbankeinträgen (2021)

Mörser

Haubitzen

Mehrere Raketenwerfer

81mm, 82mm, 107mm, 120mm, 160mm, 240mm = 100 % von 494 Einträgen

105mm, 122mm, 130mm, 140mm, 152mm, 155mm, 175mm, 203mm = 99,3 % von 703 Einträgen

107mm, 122mm, 140mm, 220mm, 227mm, 300mm = 78,7 % von 302 Einträgen

Zweitens hat eine überraschend große Anzahl von Ländern beide Arten von Standardkalibern in ihren Waffenarsenalen, wie die Diagramme in Tabelle 4 zeigen. Besonders deutlich wird dies bei Haubitzen, weniger bei Mörsern. Die Ergebnisse für Mehrfachraketenwerfer passen jedoch nicht ganz so gut in diesen Rahmen. Während hier WP-Kaliber weltweit dominieren, findet sich in den aktuellen Arsenalen eine vergleichsweise hohe Anzahl anderer Kaliber, die keinem der beiden Standardisierungsrahmen entsprechen.

Bei den Haubitzen und ihren jeweiligen Kalibern lassen sich drei Gruppen unterscheiden, wie Abbildung 1 zeigt. Während die Länder am unteren Rand der Abbildung um die westlichen Standardkaliber (105 und 155mm) und die Länder am oberen Rand um die WP-Kaliber 122, 130 und 152mm gruppiert sind, befinden sich Länder mit einer Mischung dazwischen, einschließlich des 203-mm-Kalibers, das in beiden Standardkalibersätzen enthalten ist. Außerdem zeigt die Abbildung Ausreißer an den Rändern, z. B. Namibia mit seinen 140-mm-Haubitzen auf der linken Seite. Darüber hinaus deutet die Größe der Knoten und Ränder auf die quantitativ dominierende Stellung der Standardkaliber und bestimmter Länder mit einer großen Menge von Artilleriegeschützen hin, wie die Russische Föderation, die Volksrepublik China, Südkorea und die Vereinigten Staaten.

Graph: Tab. 4: Prävalenz von Standardkalibersätzen pro Land und Artilleriekategorie (2021) International Institute for Strategic Studies 2022, Zusammenstellung des Autors.

Graph

Graph

Graph: Abb. 1: Die beiden vorherrschenden Haubitzen-Kalibergruppen (2021, Knoten- und Kantengrößen zeigen relative absolute Größen an)International Institute for Strategic Studies 2022a-g/Zusammenstellung des Autors.

3.3 Globale Märkte

Der Welthandel mit Artilleriesystemen hat sich seit 1950 erheblich verändert. Während zunächst die Sowjetunion und die USA das Exportbild dominierten, eroberten ab den 1980er-Jahren andere Anbieter bedeutende Marktanteile. Abbildung 2 zeigt diesen Trend mit dem Ergebnis, dass die beiden Länder zu Beginn des 21. Jahrhunderts nur noch zwei unter vielen Anbietern waren. Wie bereits erwähnt, fanden jedoch bereits während des Kalten Krieges Standardisierungsbemühungen statt, und die Wahrscheinlichkeit, dass die von den beiden Supermächten festgelegten Standards übernommen wurden, war hoch.

Graph: Abb. 2: Weltweite Exporte von Artilleriesystemen nach Ländern 1950–2021 (in Prozent der gesamten Artillerieexporte)Stockholm International Peace Research Institute n.d.

Auch wenn sich die Anbieterseite für Artilleriesysteme im Lauf der Jahre erheblich dezentralisiert hat, weil die USA und die Sowjetunion Marktanteile verloren, blieb die Gesamtzahl der Lieferländer relativ klein. Zwischen 1950 und 2021 hielten die 10 größten Anbieter einen nahezu konstanten Marktanteil von 80 Prozent (siehe Abbildung 3). NATO-Mitglieder mit NATO-Standards waren für 46,2 Prozent aller Ausfuhren verantwortlich, ehemalige WP-Mitglieder für 35,3 und bündnisfreie Länder für 18,5 Prozent. Insgesamt waren 20 Länder für 98,4 Prozent aller Ausfuhren verantwortlich. Obwohl die Hälfte dieser Exporteure keine formellen Mitglieder der NATO oder des WP waren, übernahmen die meisten von ihnen eine Reihe von Standardkalibern für ihre Systeme, wie aus der Übersicht über die bestehenden Arsenale hervorgeht.

Graph: Abb. 3: Die 2, 5 und 10 wichtigsten Exportländer für Artilleriesysteme 1950–2021 (in Prozent der gesamten Artillerieexporte)ibid.

Für diese Entwicklung gibt es zwei wesentliche Erklärungen: Erstens eine frühe Standardisierung durch die Ausfuhr sowjetischer und US-amerikanischer Waffensysteme an die später aufstrebenden Anbieter, möglicherweise unterstützt durch bilaterale Sicherheitsabkommen wie im Fall von Südkorea oder der Volksrepublik China. Zweitens: Lizenzproduktion von NATO- oder WP-Artilleriesystemen durch aufstrebende Exporteure, einschließlich Munitionsstandards. Beides erhöht die Chancen für eine weitere Verbreitung von NATO- und WP-Artilleriekalibern. Ein Blick in die SIPRI-Rüstungshandelsregister für die USA und die Sowjetunion zeigt, dass es sich bei den meisten frühen Artillerieexporten tatsächlich um Überschusslieferungen, Militärhilfe oder Lizenzproduktionen handelte.

Über die Systemebene hinaus spiegelt die weltweite Versorgung mit Artilleriemunition verschiedener Kaliber die Verbreitung von NATO- und WP-Standards wider, wie Abbildung 4 zeigt. Diese basiert auf einer Stichprobe von 65 Artilleriemunitionsherstellern aus 43 Ländern. Bei Rohrartillerie und NATO-Kalibern ist das Angebot am weitesten verteilt. Dies ist wahrscheinlich auf die relative Dezentralisierung der rüstungsindustriellen Produktion in der NATO, die Verbreitung der Standards in andere rüstungsproduzierende Länder wie Japan, Südkorea und Südafrika sowie auf die Mischung aus NATO- und WP-Kalibern in den Arsenalen anderer rüstungsproduzierender Länder wie Ägypten, Iran, Indien und Pakistan zurückzuführen. Im Gegensatz dazu gibt es weniger Lieferanten für WP-Standardkaliber, weil die Lieferantenbasis ursprünglich stärker konzentriert war. Bei der Raketenartillerie konzentriert sich die Munitionsversorgung hauptsächlich auf die gängigsten WP-Kaliber – 107mm und 122mm – und weniger auf 220, 240 und 300mm. Bei allen anderen Kalibern handelt es sich im Wesentlichen um länderspezifische Produkte, was das Angebot sehr begrenzt und konzentriert. Interessanterweise gehört auch das NATO-Standardkaliber – 227-mm-Raketen – dazu.

All diese Erkenntnisse sprechen dafür, dass die derzeitigen weltweiten Artilleriearsenale von zwei Standards geprägt sind, die ihren Ursprung in der NATO bzw. dem Warschauer Pakt haben. Selbst neue Anbieter auf System- und Munitionsebene haben diese Standards weitgehend übernommen. Außerdem ist die Lieferantenbasis für Artilleriesysteme als komplexere technische Produkte erwartungsgemäß kleiner als die für vergleichsweise einfach herzustellende Artilleriemunition. Mehrfachraketenwerfer bilden – bis zu einem gewissen Grad – eine Ausnahme, die weitere Untersuchungen erfordert.

Die hegemoniale Standardisierung von Artilleriekalibern scheint dieses Bild am besten zu erklären. Die frühen Rüstungsexporte und Überschussabgaben des Kalten Krieges verbreiteten die jeweiligen Standardkaliber der USA und der Sowjetunion, während die Standardisierungsprozesse innerhalb der Bündnisse in den frühen 1970er- und 1980er-Jahren – als immer mehr Anbieter Artilleriesysteme herstellten – diese weiter festschrieben. Infolgedessen, und zweifellos begünstigt durch die technische Modularität und Flexibilität größerer Haubitzenmunition, verwendeten neu aufkommende industrielle Anbieter diese Standardkaliber. Die Reichweite moderner Artilleriesysteme und -munition beispielsweise kann bis zu 76 km betragen, während Zünder und Gefechtsköpfe optimiert sind für den Einsatz gegen Infanterie oder Panzer, um Panzerabwehrminen zu legen oder eine Rauchwand auf dem Schlachtfeld zu erzeugen. Technologische Pfadabhängigkeit und damit verbundene Leistungseinbußen sind nicht so ausgeprägt wie bei anderen Produkten. Daher ist Artilleriemunition leichter an die doktrinären Präferenzen der Endnutzer anzupassen, was die Schaffung weiterer Standards weniger wahrscheinlich macht.

Graph: Abb. 4: Weltweite Lieferantenbasis für Artilleriemunition (2022)Howard Altman: Ukraine Situation Report: Russian Artillery Advantage Diminishing, The Drive, 30.11.2022, Adam Swierkowski: Ukraine Resumes Manufacturing of Large Caliber Munitions, Defence24, 2.12.2022, Emma Helfrich: Ukraine's Locally Produced Artillery Shells Have Reached The Front, The Drive, 3.1.2023.

3.4 Der Fall Ukraine – strategische Tiefe durch den globalen Rüstungsmarkt

Die Verknüpfung von Verbreitung und Versorgungslage globaler Artilleriestandards mit einem erweiterten Konzept der strategischen Tiefe lässt sich am Beispiel des aktuellen Verteidigungskriegs der Ukraine gegen Russland aufzeigen. Der Krieg macht zwei Punkte deutlich: Erstens die Bedeutung der Artillerie in einem groß angelegten konventionellen Konflikt. Seit Kriegsausbruch im Jahr 2014 ist die Artillerie für die überwiegende Mehrheit der Verluste verantwortlich – etwa 70–85 Prozent. Zweitens demonstriert er, dass einzelne Staaten nicht in der Lage sind, ausreichend Munition zu produzieren (zumindest in ihrer jetzigen industriellen Konfiguration mit begrenzter nationaler Mobilisierung). Daher sind sowohl die Ukraine als auch Russland auf ausländische Lieferungen angewiesen, um ihre Fähigkeit zum Einsatz von Artillerie zur Unterstützung ihrer militärischen Operationen aufrechtzuerhalten.

Für die Ukraine ist die Lage noch schwieriger als für Russland. Die Kapazitäten ihrer Verteidigungsindustrie befinden sich in Reichweite der russischen Präzisionswaffen, und Flugabwehrmittel sind eine knappe Ressource. Dennoch hat die Ukraine im November 2022 die Produktion von Artilleriemunition reaktiviert, beginnend mit 152-mm-Munition, wenngleich Umfang und Ort der Produktion unbekannt bleiben. Für 82-mm-Mörsermunition hat das staatliche ukrainische Unternehmen Ukroboronprom die Produktion in einem NATO-Land wieder aufgenommen.

Mit dem Zustrom westlicher Artilleriesysteme nach NATO-Standard (105 und 155mm) muss sich die Ukraine auch mit der Übernahme zusätzlicher Kaliberstandards jenseits der WP-Normen (insbesondere 122 und 152mm) befassen. Dies erfordert zusätzliche Ausbildung des ukrainischen Artilleriepersonals – eine Änderung des Einsatzkonzepts, da die NATO-Systeme und -Munition im Allgemeinen als präziser angesehen werden (auch von den ukrainischen Nutzern) – und eine verlängerte Logistikkette, weil die gesamte Munition von ihrer Anlieferung an der westlichen Grenze zu den Frontlinien im Osten und Süden transportiert werden muss. Außerdem finden umfangreiche Wartungs- und Reparaturarbeiten an diesen Systemen auch in den Nachbarländern statt, was den logistischen Aufwand weiter erhöht.

Doch sowohl bei den Systemen als auch bei der Munition ist die Ukraine nicht allein auf Güter nach NATO-Standard angewiesen, die in NATO-Ländern hergestellt werden. Sie bezieht vom Weltmarkt auch WP-Kaliber. So kann sie ihre Streitkräfte weiterhin mit indirektem Feuer aus alten und neuen Artilleriesystemen unterstützen, was ihre Kriegsanstrengungen wesentlich stärkt.

Die Unterstützung der Ukraine erfolgt auf direkte und indirekte Weise: direkt über gelieferte Systeme und Munition aus Beständen oder industrieller Produktion in den Ländern, die ihr beistehen. Deutschland, Polen und die Vereinigten Staaten haben, neben vielen anderen, die Ukraine so mit Artilleriesystemen und Munition versorgt.

Die indirekte Unterstützung stellt die bedeutendere Veränderung in den weltweiten Reaktionen auf diesen Krieg dar. Die Unterstützung durch befreundete Staaten ist nicht neu, wohl aber die indirekte Unterstützung. Länder, die der Ukraine Geld zur Verfügung stellen, damit sie auf dem Weltmarkt Nachschub kaufen kann, profitieren von der überwältigenden Standardisierung bei Artilleriesystemen und Munition. Ehemalige WP-Mitgliedstaaten, die jetzt NATO-Mitglieder sind und deren Rüstungsindustrie über Kapazitäten zur Herstellung von WP-Munition verfügt, waren die ersten, insbesondere Bulgarien und Rumänien. Darüber hinaus kauften und lieferten die Unterstützer der Ukraine auch aus anderen Ländern, die die benötigte Munition herstellen, darunter das Vereinigte Königreich, das die Ukraine mit in Pakistan produzierter Munition nach WP- und NATO-Standards versorgte, oder Luxemburg, das 122-mm-Raketen nach WP-Standard lieferte. Auch die USA stellten der Ukraine im Rahmen ihres Unterstützungspakets vom Dezember 2022 erhebliche Mengen an Munition in WP-Kalibern zur Verfügung (115.000 Granaten und Raketen), wobei sie ausdrücklich auf Lieferungen der Industrie und nicht auf US-Bestände verwiesen. Sogar sudanesische 120-mm-Mörsermunition wurde in ukrainischen Diensten gesichtet. Eine andere Unterart der indirekten Lieferung macht sich ebenfalls den globalen Waffenmarkt zunutze: Kanada lieferte direkt 155-mm-Munition an die Ukraine und kaufte seinen Ersatz in Südkorea, das NATO-Standards verwendet.

Über beide Wege hat die Ukraine Zugang zu einer breiten horizontalen Versorgung mit standardisierter Munition für die verschiedenen Artilleriesysteme – sowohl nach WP- als auch nach NATO-Standards –, die sie betreibt, von den russischen Streitkräften erbeutet hat oder von externen Unterstützern erhält. Oder sie profitiert zumindest vom Zugang der Partner. Das Ausmaß, in dem die Ukraine direkten und indirekten Zugang zum globalen Rüstungsmarkt behalten kann, definiert einen Teil ihrer strategischen Tiefe. Diese strategische Tiefe kann Russland nicht angreifen, ohne den Konflikt erheblich zu eskalieren.

Zumindest bei dieser militärischen Nischenanwendung macht dieser Zugang den entscheidenden Unterschied aus, da der Munitionsverbrauch eines konventionellen Krieges von diesem Ausmaß die derzeitigen nationalen und womöglich gar internationalen Produktionskapazitäten übersteigt. Der geschätzte Verbrauch von 4.000 bis 7.000 Schuss pro Tag aufseiten der Ukraine (alle Kaliber) und 20.000 Schuss aufseiten Russlands (in den Jahren 2022/2023) übersteigt die transatlantischen Produktionsraten. Im Jahr 2022 betrugen diese etwa 15.000 155mm Schuss pro Monat in den USA und 300.000 155mm Schuss pro Jahr in Europa. Die Produktionsschätzungen für Russland variieren; russische Quellen gehen von einer jährlichen Produktionskapazität von rund 300.000 Schuss im Jahr 2022 aus, einschließlich Aufarbeitung gelagerter Munition.

4 Ausblick

Dieser Beitrag will darlegen, dass die bündnisbedingte technische Standardisierung von Artilleriemunitionskalibern während des Kalten Krieges und die daraus resultierenden technologischen und industriellen Pfadabhängigkeiten noch heute auf dem globalen Rüstungsmarkt nachwirken und die strategische Tiefe von Akteuren mitbestimmen, die an groß angelegten Konflikten beteiligt sind und Zugang zum globalen Rüstungsmarkt haben. Aufbauend auf und in Erweiterung bestehender Konzepte von strategischer Tiefe, Standardisierung und globalem Waffenhandel wurde das Modell „Vertikale Standardisierung, horizontale Versorgung, größere strategische Tiefe" entwickelt, um die theoretischen Erwartungen für Verteidigungsprodukte – in diesem Fall Artilleriesysteme (Mörser, Haubitzen und Mehrfachraketenwerfer) und deren Munition – zu beschreiben.

Eine Analyse der weltweiten Artilleriearsenale (Stand 2021) hat gezeigt, dass NATO- und WP-Standardkaliber dominieren. Überraschenderweise weist eine beträchtliche Anzahl von Ländern gemischte Arsenale auf, die sowohl NATO- als auch WP-Kaliber enthalten. Dafür sind mehrere Gründe möglich, von gezielten laufenden Bemühungen um einen Kaliberwechsel (wie in Polen) über langlebige Waffensysteme als Kriegsbeute (z. B. Vietnam) bis hin zur simplen Beibehaltung von Systemen, die unter unterschiedlichen Regierungen beschafft wurden (z. B. Iran vor und nach der Islamischen Revolution).

Die Sowjetunion und die USA dominierten den Export von Artilleriesystemen zwischen 1950 und den frühen 1980er-Jahren mit Ausfuhren, Militärhilfen und Lizenzproduktionen. Dies spricht zwar nicht grundlegend gegen inländische Entwicklungen, aber selbst fortgeschrittene Verteidigungswirtschaften begannen erst in den späten 1960er- und 1970er- Jahren mit der Entwicklung, Beschaffung und schließlich dem Export von Artillerie. Deutschland, das Vereinigte Königreich und Italien begannen mit der gezogenen Haubitze FH70, während die Tschechoslowakei beispielsweise die Selbstfahrhaubitze Dana entwickelte. Daraus lässt sich schließen, dass die Standardisierung zu Beginn des Kalten Krieges vornehmlich durch einen hegemonialen Prozess der beiden Supermächte vorangetrieben wurde, der deren Artilleriekaliber weltweit etablierte.

Zwischen den späten 1960er- und 1980er-Jahren wurden die Standardisierungsbemühungen innerhalb der NATO und dem WP intensiviert, was darauf hindeutet, dass diese vom Hegemon forcierte Stabilisierung der Produktparameter stattfand, ehe Bemühungen um eine engere Zusammenarbeit innerhalb der Bündnisse in Gang kamen. Als dann neue Anbieter in den Markt eintraten, verwendeten sie für ihre Systeme bereits die entsprechenden NATO- und WP-Standards, was diese Kaliber in den globalen Arsenalen und Märkten weiter verankerte.

Während Leistungssteigerungen der Subkomponenten von Munition irgendwann unmöglich werden oder zumindest mit einem deutlich abnehmenden Grenzertrag einhergehen, ist dieser Punkt bei den meisten Standardkalibern der Artilleriemunition noch nicht erreicht. Bislang bieten die Kombinationsmöglichkeiten der vier Hauptkomponenten Zündmittel, Treibladung, Geschoss und Zünder eine Fülle von Optionen für verschiedene Munitionstypen und damit militärische Anwendungsfälle. Die kombinatorischen Optionen der Subkomponenten als grundlegendes technischen Merkmal unterstützen und erhöhen die Produktstabilisierung der Standardkaliber.

Schließlich zeigt der derzeitige Ukraine-Krieg, dass die Ukraine durch Zugang zum Weltmarkt sowohl für NATO- als auch für WP-Kaliber in der Lage ist, ihre Streitkräfte weiterhin mit indirektem Artilleriefeuer zu unterstützen. Daher kann die Ukraine ihren durch russische Angriffe bedingten Mangel an Industriekapazitäten ausgleichen und ihre strategische Tiefe erhöhen – sogar nahezu „endlos", weil sich die entscheidenden Produktionskapazitäten außerhalb der Reichweite Russlands befinden, jedenfalls solange Russland den Konflikt nicht eskaliert.

Diese Ausführungen sollen einen Beitrag zur Debatte über das Konzept der strategischen Tiefe leisten und dessen Definition über eine rein geografische Perspektive hinaus ausdehnen auf die Fähigkeiten, die zur Fortführung eines Krieges erforderlich sind. Sie helfen hoffentlich auch besser verstehen, wie Bündnisstrukturen, technische Merkmale von Waffensystemen und -komponenten und die Struktur des globalen Rüstungsmarkts die Verbreitung technischer Standards beeinflussen.

Die technischen, politischen und industriellen Merkmale von Artilleriesystemen und -munition – vom Komplexitätsunterschied zwischen Systemen und Munition über deren technische Flexibilität bis hin zur vergleichsweise leichten Standardisierung innerhalb von Bündnissen und frühen Exporten nach dem Zweiten Weltkrieg – sind für diese Waffensysteme einschlägig und nicht einfach auf andere Systeme zu übertragen. Diese Vorbehalte machen es weniger wahrscheinlich, dass das in diesem Beitrag entwickelte Modell sich auch zur Erklärung der Diffusionsmuster vieler anderer militärtechnischer Güter verwenden lässt.

Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um die unterschiedlichen Ergebnisse bei Mehrfachraketenwerfern und ihrer Munition zu erklären. Hier sind die WP-Standards am wichtigsten, doch ist ihr Einfluss auf den Markt bei weitem nicht so groß wie bei Mörsern und Haubitzen. Stattdessen haben sich viele Kaliber und Anbieter herausgebildet, die ansonsten keine nennenswerten rüstungsindustriellen Fähigkeiten aufweisen. Dies führt auch zu einer „dünneren" Lieferbasis für die meisten Kaliber. Die wahrscheinlichste Erklärung, die mit dem hier vorgebrachten Argument übereinstimmt, wäre, dass die Irrelevanz der Raketenartillerie in den Doktrinen und Streitkräften der NATO und damit in den technologischen und rüstungsindustriellen Entwicklungen den Weltmarkt entweder für WP-Lieferungen oder für einheimische Produkte geöffnet hat. Um diese These zu prüfen, müsste man allerdings eingehender die Zeitpläne für die Entwicklung und Verbreitung von Mehrfachraketenwerfern analysieren.

Die überraschend große Zahl von Staaten mit gemischten Artilleriearsenalen, die sowohl NATO- als auch WP-Standardkaliber verwenden, wirft die Frage nach deren Genese auf. Während bereits einige erste Erklärungen vorgestellt wurden, müsste eine weitere genauer analysiert werden: die Arsenalvielfalt als Absicherungsstrategie. Während die Arsenalvielfalt in der Regel mit Verschwendung assoziiert wird, wie etwa in der Debatte über die Fragmentierung der europäischen Waffensysteme, kann sie auch einen gewissen Schutz vor Überraschungen auf dem Schlachtfeld bieten. Die Verwendung mehrerer Kaliber kann zudem als Strategie der Versorgungssicherheit dienen, die über inländische Produktionskapazitäten und eine bestimmte Gruppe internationaler Lieferanten hinausgeht. Dies stellt das traditionelle Argument für den Beibehalt heimischer Kapazitäten in der Verteidigungsindustrie – die inländische Versorgungssicherheit – auf den Kopf: Um eine globalisierte Versorgungssicherheit zu erreichen und die Zahl der potenziellen Lieferanten zu maximieren, werden beide Kaliber-Standardsätze verwendet.

Ebenfalls offen ist die Frage, wie die von Dunne & Smith beobachtete Konzentration des Rüstungsmarkts Standardisierung beeinflusst. Verfügen große Rüstungsunternehmen über ausreichend Verhandlungsmacht, um Kunden von der Übernahme ihrer Standards zu überzeugen, oder folgen sie den Wünschen der Kunden? Diesbezügliche Forschungen würden unser Verständnis von hegemonialen und kooperativen Normungsprozessen, die von privaten Akteuren vorangetrieben werden, vertiefen – ein Punkt aus Tabelle 1, der hier nicht im Mittelpunkt stand. Schließlich werden bei der Konzentration auf strukturelle Faktoren oft andere wesentliche Elemente aus den Augen verloren. Im Fall der Artillerie lässt sich die Verbreitung des 155-mm-Kalibers in Staaten, die ansonsten WP-Normen verwenden, wie z. B. die Volksrepublik China, zumindest teilweise durch das Handeln von Einzelpersonen erklären. Bei diesem Thema wären Leben und Forschung des kanadischen Ingenieurs Gerard Bull ein faszinierendes Beispiel, das eine nähere Betrachtung verdient.

Die Ergebnisse dieses Beitrags sind auch für die künftige Politik der NATO (und ihrer Mitgliedstaaten) in den Bereichen Bündnispolitik, Standardisierungspolitik und Industriepolitik von Belang. Da die Produktionskapazitäten der nationalen und bündnisinternen Verteidigungsindustrie für Artilleriemunition für einen längeren konventionellen Konflikt unzureichend erscheinen, sollte es ein Ziel der NATO und ihrer Mitglieder sein, die Produktionsbasis entweder zu vertiefen oder zu verbreitern.

Eine Vertiefung und Verbreiterung der Produktionsbasis für Artilleriemunition (und in geringerem Maß für die entsprechenden Systeme) dürfte erhebliche politische und finanzielle Investitionen der Bündnispartner erfordern. Da die NATO bisher keine Industriepolitik verfolgt, hätte sie in diesem Bereich nur begrenzten Einfluss. Zwar planen einige Bündnispartner, ihre Artillerieproduktion im Inland auszuweiten, so z. B. die USA bei der Munition (Vervielfachung der 155mm-Stückzahl und Verdoppelung der 227mm-Raketenproduktion) oder Frankreich bei den Artilleriesystemen, doch ist dies keineswegs ein allgemeiner Trend und steht in Konkurrenz zu anderen Prioritäten des Bündnisses. Daher ist es fraglich, ob sich Überproduktionskapazitäten mittelfristig finanziell aufrechterhalten lassen. Bei einigen Bündnismitgliedern würden solche Bemühungen auch gegen ihre generell passive Rüstungsindustriepolitik verstoßen, die eher den privaten Charakter ihrer industriellen Basis betont – Deutschland ist dafür ein typisches ein Beispiel. Darüber hinaus hängt die industrielle Spitzenkapazität von weiteren Faktoren ab, darunter Einstellung und Bindung von Personal für Produktion und Zertifizierung. Auch sind Unterbrechungen der Lieferketten ein wichtiges Thema. Deswegen veranschlagt man einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren, um die Produktion deutlich zu verbessern.

Die Verbreiterung (Widesourcing) der Versorgungsbasis kann auf drei Wegen erfolgen: Erstens kann die NATO ihre Politik der offenen Tür beibehalten, um ihre industrielle Basis zu erweitern, z. B. durch die Aufnahme neuer Bündnismitglieder mit Produktionskapazitäten. Da jedoch nur sehr wenige Länder bedeutende industrielle Kapazitäten und eine mögliche Zukunft in der NATO haben, ist diese Option von begrenztem Nutzen und gilt wahrscheinlich hauptsächlich für eine künftige Ukraine.

Ein zweiter Weg zur Verbreiterung der Lieferbasis wäre die Standardisierungs- und Waffenexportpolitik der NATO-Mitglieder. Das aktivere Exportverhalten von Akteuren wie Pakistan, Südkorea, Südafrika und Australien hat bereits zu einer größeren strategischen Tiefe der Ukraine beigetragen. Bilaterale Sicherheitsabkommen zwischen NATO-Mitgliedern und solchen Partnern könnten den Waffenhandel oder gemeinsame Rüstungsprogramme und die Verbreitung von Standards erleichtern und sich als wichtiges Instrument erweisen, um die strategische Tiefe der NATO-Verteidigung zu erhöhen. Die Kombination der Analyse von Waffenarsenalen und industriellen Fähigkeiten (oder Ambitionen) dürfte es ermöglichen, potenzielle Partner zu ermitteln – von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten bis hin zu Argentinien und Brasilien oder Indonesien und Singapur, die alle NATO-Standardkaliber verwenden und die zur Munitionsherstellung erforderlichen industriellen Fähigkeiten entweder bereits besitzen oder anstreben.

Drittens sollten die NATO-Mitglieder (bzw. das gesamte Bündnis) eine engere Zusammenarbeit mit dem Privatsektor prüfen. Dienstleistungsverträge mit Akteuren der Verteidigungsindustrie über Munitionsmengen könnten sowohl der Industrie als auch den Streitkräften eine bessere mittel- bis langfristige Planungssicherheit bieten als gelegentliche Einzelaufträge. Sie würden nicht nur eine bessere Planung der Produktionskapazitäten, sondern eventuell sogar eine Umgestaltung der Lieferkette (z. B. Nearshoring/Friendshoring) ermöglichen. Aus der Ukraine als Testfall kann die NATO wertvolle Lehren für künftige Konfigurationen der Verteidigungsindustrie und die Versorgungssicherheit in Kriegszeiten ziehen, z. B. ob globale oder regionale Vereinbarungen über Produktionskapazitäten und Versorgungsketten sinnvoll sind und welche Risiken und Chancen sich aus der Verbreitung von Standards ergeben.

Um es abschließend festzuhalten: Die bündnisinterne Standardisierungspolitik bleibt von ganz entscheidender Bedeutung, zumal das inzwischen dezentralisiertere Netz von Waffensystemlieferanten sowie die militärische Nutzung neuer Technologien eine stärkere Standardisierung von Bündnisbürokratie und -dokumenten, einschließlich der Beiträge privater Akteure, verlangen. Eine frühzeitige Standardisierung in der Allianz bei neuen Technologien und Produkten ist zentrale Voraussetzung für die Gewährleistung künftiger Interoperabilität.

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Es wäre zwar möglich, auf die hierarchischen Details innerhalb der beiden Kategorien Systeme und Munition einzugehen, um das bestehende Spektrum der technischen Komplexität innerhalb dieser Kategorien zu verdeutlichen, doch würde dies den Rahmen dieser Arbeit übersteigen. Der Schwerpunkt liegt daher auf der Dichotomie von Systemen und Munition. Zum Beispiel die Flexibilität, die sich durch die Kombination verschiedener Arten von Zündmitteln, Treibladungen, Geschossen oder verschiedenen Zündern für größere Artilleriemunition (105mm und mehr) ergibt. International Institute for Strategic Studies 2022, Kapitel 3 bis 9. Stockholm International Peace Research Institute: SIPRI Arms Transfers Database;https://www.sipri.org/databases/armstransfers. Direkte Feuerunterstützung ist zwar möglich, insbesondere für Haubitzen, aber der Standardeinsatz der Artillerie ist das indirekte Feuer. Infanterie-Mörser, insbesondere solche mit einem Kaliber von 60mm, werden in diesem Papier nicht analysiert. Patterson/Markov/Richter 1999, 2–4. [15] 2018, 30. Molas-Gallart/Hawkins 1999, 82. Fiott 2018, 30 f. Eigene Übersetzung nach dem Stichwort „Standardisation" auf der Webseite der NATO;https://www.nato.int/cps/en/natohq/topics%5f69269.htm. Fiott 2018, 31. International Institute for Strategic Studies 2022; Patterson/Markov/Richter 1999. [42] 2014, 5. Fiott 2018, 31. siehe z. B.[46] 2022. NATO Standardization Office (2022):NSO NSDD,https://nso.nato.int/nso/nsdd/main/standards/stanag-details/2440/EN. Zugriff am 29.1.2023. z. B. STANAGs 4440, 4442, 4657; siehe[46] 2022. Ulrich Gall/Wolfgang Neidhardt:Erinnerungen an den Dienstbereich Technik und Bewaffnung des Ministeriums für Nationale Verteidigung. Entwicklung, Aufgaben, Struktur, Arbeitsweise und Probleme. Manuskript aus dem Jahr 2002, zugänglich unterhttps://docplayer.org/82077636-1-zur-entwicklung-der-materiell-technischen-versorgung-und-des-dienstbereiches-technik-und-bewaffnung-des-ministeriums-fuer-nationale-verteidigung.html. [39], 1988, 13. Gall/Neidhardt, Wolfgang:Erinnerungen an den Dienstbereich Technik und Bewaffnung des Ministeriums für Nationale Verteidigung, a.a.O. Lesenotiz von November 1976 zur Unifizierung und Standardisierung der Bewaffnung und Ausrüstung. Vertrauliche Verschlusssache des Ministeriums für Nationale Verteidigung der DDR aus Anlass eines Treffens der Verteidigungsminister des Warschauer Paktes in Sofia im Dezember 1976. Quelle: Parallel History Project on Cooperative Security, ETH Zürich;https://www.phpisn.ethz.ch/lory1.ethz.ch/collections/colltopica274.html?lng=en&id=21653&navinfo=14565. Molas-Gallart/Hawkins 1999, 82;[22] 1988, 379;[45] 1982, 98. Ford/Gould 2018, 6. Finkel/Tlamim 2011, 88. [26] 2007, 11. siehe z. B. Sandler/Hartley 1999; Hurley 1988. Steven Erlanger/Lara Jakes: U.S. and NATO Scramble to Arm Ukraine and Refill Their Own Arsenals,The New York Times, 26.11.2022. [36] 1979. Memorandum of Understanding Between the United States of America and other Governments, Signed at Picatinny Arsenal, Koblenz, Rome, Abbey Wood North Bristol, and Bagneaux November 10, 16, 25, and December 18, 2009;https://2009-2017.state.gov/documents/organization/220870.pdf. [45] 1982. Siehe z. B. John Pike:FM 6-50 Appendix N – Interchangeability of Ammunition, Globalsecurity.Org;https://www.globalsecurity.org/military/library/policy/army/fm/6-50/Appn.htm#top. Richard Hasenbein:Wear and Erosion in Large Caliber Gun Barrels, NATO Dokument von 2003,https://apps.dtic.mil/sti/pdfs/ADA440980.pdf, 5. [38] 1988, 53;[26] 2007, 11;[39] 1988, 25 f. Jeder Eintrag stellt einen Eintrag in der Military Balance des International Institute for Strategic Studies für Artilleriesysteme dar. Sie sind nicht gleichbedeutend mit der Gesamtzahl der Systeme oder der Anzahl der verschiedenen Artilleriesysteme in einem bestimmten Land, da z. B. Artillerieeinheiten in verschiedenen Diensten mehrere Einträge erzeugen würden. International Institute for Strategic Studies 2022, Kap. 3–9. Die Military Balance des IISS enthält keine Angaben über das nordkoreanische Artilleriearsenal, das ebenfalls umfangreich sein dürfte. In abnehmender Reihenfolge des gesamten Exportvolumens: Sowjetunion, USA, Volksrepublik China, Vereinigtes Königreich, Deutschland, Südkorea, Frankreich, Italien, Tschechoslowakei (ab 1993 Tschechische Republik) und Israel. [44] 2019, 7. Ukroboronprom:Укроборонпром розгорнув серійне виробництво 82-мм осколкових мін за кордоном: кількість осколків у 2-2,5 рази більша за стандарт, [Ukroboronprom beginnt mit der Serienproduktion von 82-mm-Splitterminen im Ausland: die Anzahl der Splitter ist 2–2,5 mal höher als die Norm] 11.1.2023,https://ukroboronprom.com.ua/news/ukroboronprom-rozgornuv-seriine-virobnictvo-82-mm-oskolkovix-min-za-kordonom-kilkist-oskolkiv-u-2-25-razi-bilsa-za-standart. Eric Schmitt/Andrew E. Kramer: U.S. Will Train More Ukrainian Troops, Adding Advanced Battle Tactics,The New York Times, 15.12.2022. siehe z. B.[29] 2022. Siehe z. B. Maryan Kushnir/Will Tizard: Ukrainian Troops Say M777 Howitzers Change The Course Of Battle In Donetsk Region,Radio Free Europe/Radio Liberty, 29.11.2022. Stew Magnuson: Ukraine to U.S.Defense Industry: We Need Long-Range, Precision Weapons,National Defense Magazine, 15.6.2022, Bojan Pancevski/Alistair MacDonald: Many of Ukraine's Western Weapons Await Repairs Far From the Front Line,Wall Street Journal, 10.12.2022, John Ismay/Thomas Gibbons-Neff: Artillery Is Breaking in Ukraine. It's Becoming a Problem for the Pentagon,The New York Times, 25.11.2022. z. B. Kanada, die Tschechische Republik, die Slowakei und das Vereinigte Königreich. Vgl. U.S. Security Cooperation with Ukraine,United States Department of State blog, 4.11.2022;https://www.state.gov/u-s-security-cooperation-with-ukraine/; Bundesregierung: Militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine, Webseite der Bundesregierung;https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/krieg-in-der-ukraine/lieferungen-ukraine-2054514; Oryx: A European Powerhouse: Polish Military Aid To Ukraine,Oryx-Blog August 2022,https://www.oryxspioenkop.com/2022/08/a-european-powerhouse-polish-military.html. Joshua Yaffa: Inside the U.S. Effort to Arm Ukraine,The New Yorker, 17.10.2022. Elisabeth Gosselin-Malo: Pakistan, Ukraine, And The Race For Third-Party Ammunition,The Drive, 6.10.2022, ua Ukraine Weapons Tracker [@UAWeapons]: #Ukraine: A New Type of Pakistani Artillery Ammunition Was Spotted with the Ukrainian Army – This Time M4A2 Propellant Charges, Likely Delivered along with M107 155mm Projectiles. It Is Believed That a Western Backer of Ukraine Purchased Quantities of Pakistani Ammo in 2022;TwitterTweet, 1.1.2023,https://twitter.com/UAWeapons/status/1609611974609932290. Luxembourg Direction de la défense [@Defense_lu]: Today Marks the 30th Anniversary of #Ukraine-#Luxembourg Diplomatic Relations. This Year lu Took an Unprecedented Step by Supporting ua with Military Equipment Worth 75 Million € That's 16 % of Our 2022 Defence Budget. We Support ua in Its Right to Self-Defence. 2022 Deliveries;Twitter Tweet, 2.12.2022,https://twitter.com/Defense_lu/status/1598610977364115462. $1.85 Billion in Additional Security Assistance for Ukraine,U.S. Department of Defense Webseite, 21.12.2022,https://www.defense.gov/News/Releases/Release/Article/3252782/185-billion-in-additional-security-assistance-for-ukraine ua Ukraine Weapons Tracker [@UAWeapons]: Ukraine: If You Thought that the Most Unexpected Source of Ammunition to Ukraine Was Iran, You Were Wrong – We Can Now Reveal that the Ukrainian Army also Received Sudanese sd Ammunition. In This Case, 120mm HE-843B Mortar Bombs,Twitter Tweet, 14.12.2022,https://twitter.com/UAWeapons/status/1603131094118834176. Soo-Hyang Choi: Having Shipped Artillery Shells to Ukraine, Canada Asks S.Korea for More,Reuters, 30.5.2022. 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DANA 152mm ShKH vz 77 8x8 Self-Propelled Howitzer,Army Recognition Webseite, 19.9.2023;https://www.armyrecognition.com/czech%5farmy%5fartillery%5fvehicle%5fweapon%5fsystems%5fuk/dana%5f152mm%5fshkh%5fvz%5f77%5f8x8%5fself-propelled%5fhowitzer%5fczech%5frepublic%5fdata.html. siehe z. B. Hurley 1988, 380 ff. Arthur 2010,138. siehe z. B. Bergmann/Lamond/Cicarelli 2021. Sandler/Hartley 1999, 207-208; Finkel/Tlamim 2011, 82. Dunne/Smith, 2016. William Scott Malone, David H. Halevy und Sam Hemingway: The Guns of Saddam,Washington Post, 10.2.1991. Borchert/Schütz/Verbovszky 2022a. Siehe Joe Gould: Army Plans ‚Dramatic' Ammo Production Boost as Ukraine Drains Stocks,Defense News, 5.12.2022. Macron Urges Ceasar Howitzer Producer to Gear up Production to ‚War Time' Mode,Reuters, 16.6.2022. Munition in der Bundeswehr – Aktueller Sachstand, Bedarfe und Planungen. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU – Drucksache 20/3979, Deutscher Bundestag Drucksache 20/4509 vom 14.11.2022, 11-12. Lauren C. Williams: Defense Industry Struggles with Capacity, Report Says,Nextgov/FCW, 2.2.2022. Siehe z. B. Marco Seliger: Dysfunktionales Beschaffungssystem für eine Armee im Frieden,Security.Table Blog, 6.12.2022,https://table.media/security/analyse/dysfunktionales-beschaffungssystem-fuer-eine-armee-im-frieden/. Stephen Losey: ‚No Company Is Immune': Supply Chain Woes Weigh on Defense Firms,Defense News, 23.11.2021, Vivienne Machi: Europe's Defense Firms Feel the Squeeze of Shortages, Sanctions,Defense News, 11.4.2022. Steven Erlanger/Lara Jakes: U.S. and NATO Scramble to Arm Ukraine and Refill Their Own Arsenals,The New York Times, 26.11.2022. siehe z. B.[21] 2022. Ähnlich argumentieren Jonathan Caverley und Ethan Kapstein für eine „Kommodifizierung" von 155mm Artilleriegranaten und deren internationalem Ankauf, siehe Caverley, Jonathan & Kapstein, Ethan: Commoditized Weapons in Ukraine: Are the Allies Getting the Procurement Right?, War on the Rocks, 24.8.2023,https://warontherocks.com/2023/08/commoditized-weapons-in-ukraine-are-the-allies-getting-the-procurement-right/. siehe z. B. Borchert, Schütz und Verbovszky 2022b, 444. Vivienne Machi: Artificial Intelligence Leads NATO's New Strategy for Emerging and Disruptive Tech,C4ISRNet, 14.3.2021,https://www.c4isrnet.com/artificial-intelligence/2021/03/14/artificial-intelligence-leads-natos-new-strategy-for-emerging-and-disruptive-tech/.

By Torben Schütz

Reported by Author

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Politikwissenschaft, insbesondere Politische Theorie an der

Titel:
Der lange Schatten der Standardisierung in Allianzen – technologische Pfadabhängigkeit, strategische Tiefe und globaler Rüstungsmarkt.
Autor/in / Beteiligte Person: Schütz, Torben
Link:
Zeitschrift: SIRIUS - Zeitschrift fur Strategische Analysen, Jg. 8 (2024-06-01), Heft 2, S. 184-201
Veröffentlichung: 2024
Medientyp: academicJournal
ISSN: 2510-263X (print)
DOI: 10.1515/sirius-2024-2003
Schlagwort:
  • RUSSIAN invasion of Ukraine, 2022-
  • ARMED Forces
  • NORTH Atlantic Treaty Organization
  • WARSAW Treaty Organization
  • ARTILLERY
  • COLD War, 1945-1991
  • MILITARY weapons
  • UKRAINE
  • Subjects: RUSSIAN invasion of Ukraine, 2022- ARMED Forces NORTH Atlantic Treaty Organization WARSAW Treaty Organization ARTILLERY COLD War, 1945-1991 MILITARY weapons
  • alliances
  • arms market
  • artillery
  • Strategic depth
  • technological lock-in
  • Allianzen
  • Artillerie
  • Rüstungsmarkt
  • strategische Tiefe
  • technologische Pfadabhängigkeit Language of Keywords: English; German
Sonstiges:
  • Nachgewiesen in: DACH Information
  • Sprachen: German
  • Language: German
  • Document Type: Article
  • Geographic Terms: UKRAINE
  • Author Affiliations: 1 = Helmut Schmidt Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, Lehrstuhl für Politikwissenschaft, insbesondere Politische Theorie Hamburg, Deutschland
  • Full Text Word Count: 9798

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